Die stilgestaltende Rolle der Modi 


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Die stilgestaltende Rolle der Modi



Wortformen Seme
Indikativ Wirklichkeit
Konjunktiv Nicht-Wirklichkeit, Hypothese
Imperativ Nicht-Wirklichkeit, Aufforderung, unmittelbare Ansprache an den Empfänger

Der Indikativ als ein semenarmes, schwaches Oppositionsglied ist im Sinne der Zugehörigkeit zu einem Funktionalstil neutral. Die weite Verwendung des Indikativs ist auf das Sem „Wirklichkeit“ zurückzuführen, weil die Kommunikation normalerweise an die reale objektive Wirklichkeit gebunden ist.

Der Imperativ bezieht sich aufgrund seines dritten Sems auf die direkte Rede, aufgrund seines zweiten Sems auf die Aufforderungssätze, folglich ist sein eigentlicher Verwendungsbereich die Alltagsrede.

Das zweite Gebrauchsgebiet des Imperativs sind manche Genres des Stils der öffentlichen Rede und der Publizistik: Geschäftsbriefe, Anweisungen, Anzeigen, Bekanntmachungen, Predigten, Reden, Flugblätter, Losungen, Appelle und die Werbung.

In der schönen Literatur findet sich der Imperativ vor allem bei der Wiedergabe mündlicher Rede in der Figurensprache, auch in der Autorensprache, wenn der Dichter unmittelbare Kontaktaufnahme mit dem Leser oder einer anderen vermeintlich angeredeten Person erstrebt.

Der Konjunktiv. Sein Funktionsbereich lässt sich bloß bei manchen Formen feststellen und eingrenzen. Die präsentischen Formen (auch Konjunktiv I genannt) sind der Umgangssprache fremd, sie sind der Sachprosa und der Dichtersprache zuzuordnen.

Den Stil der Wissenschaft erkеnnt man an den stereotypen Wendungen: man vergleiche..., es sei bemerkt.


Der Konjunktiv der indirekten Rede als „Modus der Information“ (Brinkman) ist eine häufige Erscheinung in Protokollen und Berichten, im Stil der Publizistik und der öffentlichen Rede; im Alltag zieht der Sprecher dem Konjunktiv den Indikativ vor. Die Wiederholung des Konjunktivs in der indirekten Rede kann von einem Schriftsteller als Ausdruck der Ironie oder als eine Stilfigur verwndet werden.

Modi als Ausdrucksmittel der Seh- und Gestaltungsweise.

Das Sem des Indikativs „Wirklichkeit“ verleiht der Aussage den realistischen Ton des Tatsächlichen, was objektiv meist stimmt. Nur mit Hilfe von kontextualen Umschaltern wird das Sem „Wirklichkeit“ verwischt, und zwar:

unter dem Einfluß der Konjunktionen als, als ob, als wenn

nach den Verben spinnen, lügen, sich einbilden, träumen, phantasieren usw.

die Modalwörter vielleicht, vermutlich, anscheinend u.ä, lassen ebenfalls das Sem des Indikativs zurücktreten

das sogenannte modale Futur I und II sowie die Modalverben beeinflussen die eigentliche Bedeutung des Indikativs, indem sie ihn in ein kontextuales Synonym des Konjunktivs verwandeln.

Der Imperativ mit seinen drei Semen ist besonders darauf angelegt, der Aussage ein emotional-subjektives Gepräge zu verleihen. Man kann nach dem Grad der Intensität und der emotionalen Spannung drei Arten von Willensäußerung in der Form des Imperativs unterscheiden. Das sind

– offizielle Befehle, Forderungen, Verbote, deren Erfüllung oder Beachtung für den Empfänger obligatorisch ist. Sie sind kategorisch und nicht emotional.

– Genehmigungen, Anweisungen, Ratschläge, Einladungen. Da der Empfänger selbst an ihrer Realisierung interessiert ist, wirken sie weniger kategorisch.

– Anrufe, Appelle, Bitten – nicht kategorisch, jedoch stark emotional, nur vom guten Willen des Empfängers hängt ihre Befolgung ab. Die letzten zwei Arten sowie die nicht offiziellen Befehle und Verbote können im Satz unterschiedliche Konnotationen wachrufen, je nach der Wahl des Verbs, der Intonation, der Begleitwörter.

Ein wirkungsvolles künstlerisches Mittel ist der Imperativ im Stil der schönen Literatur. Die Art der Willensäußerung gehört zur Charakteristik des Sprachporträts, des sozialen Milieus – diese Aufgabe erfüllt der Imperativ in der Figurensprache. In der Autorensprache ist der Imperativ berufen, die Darstellung zu beleben, Dynamik hineinzubringen, den Leser durch unmittelbare Kontaktaufnahme aufzurütteln. Besonders beliebt ist der Imperativ bei der Ich-Form der Darstellung.

Mit Hilfe des Imperativs erfolgt Personifizierung; ein Imperativsatz kann eine Lehre, ein Sprichwort (Eile mit Weile), eine philosophische Verallgemeinerung enthalten.


Der Konjunktiv. Bei der Betrachtung des stilistischen Ausdrucksvermögens des Konjunktivs beschränken wir uns auf zwei Bedeutungen: den nicht-kategorischen Konjunktiv und den irrealen Konjunktiv. Beide werden durch die Präteritalformen (Konjunktiv II) ausgedrückt.

Der Umkreis des nicht-kategorischen Konjunktivs ist beträchtlich. Er wird immer dort gebraucht, wo die Äußerung sanft, bescheiden, unsicher klingen soll. Die Beweggründe sind: Höflichkeit, Annahme, Bescheidenheit, Unschlüssigkeit. In all diesen Fällen wird das Sem „Nicht-Wirklichkeit“ durch die gesamte Lebenssituation „gelöscht“, weil es sich tatsächlich um die Wirklichkeit handelt. Das Sem „Hypothese“ bleibt erhalten.

Ein ganz anderes Semenspiel erfolgt bei dem irrealen Konjunktiv, wenn kein Widerspruch zwischen dem irrealen (d.h. unerfüllbaren oder unerfüllten) Geschehen und der gewählten Sprachform besteht. Hier treten beide Seme klar hervor. Man betritt dabei das Reich der Phantasie, der Träumerei.

Die Komparativsätze mit als, als ob, wie wenn lassen freien Spielraum für poetische Vergleiche, die einer Metapher nahe kommen.

Genera Verbi

 

Die dreigliedrige Opposition der Genera Aktiv/Passiv/Stativ kann auch als zweigliedrige dargestellt werden: Aktiv/Passiv, Stativ. Sie hat folgenden Semenbestand:

 

Wortformen Seme
Aktiv Zentrifugale Geschehensrichtung (von dem Subjekt ausgehend); Satzsubjekt – Agens, Satzobjekt – Patiens
Passiv Zentripetale Geschehensrichtung (auf das Satzobjekt gerichtet); Satzsubjekt – Patiens, Satzobjekt – Agens
Stativ Zustand (als Ergebnis einer Handlung); abgeschlossene Handlung; Inaktivität des Satzsubjekts

 

Alle drei Seme des Aktivs und des Passivs kommen deutlich in der dreigliedrigen Genusstruktur (Subjekt-Prädikat-Objekt) zum Vorschein. Bleibt die Stelle des Objekts offen, so fеhlt das dritte Sem. Die Möglichkeit der zweigliedrigen Genusstruktur wird zu semantischen und stilistischen Zwecken ausgewertet.

Fеhlen im Satz das Objekt und das Subjekt, so verlieren alle Seme ihre syntaktischen Stützen, was eine eigenartige Stilwirkung erzeugt: Dort wird gesungen. Es singt in mir.

Das Stativ bezeichnet den Zustand des Satzobjekts, der infolge einer abgeschlossenen Handlung eingetreten ist. Es kann auch drei-, zwei- und eingliedrig sein, die häufigste Struktur ist die zweigliedrige: Die Fenster sind geschlossen.

Was die stilgestaltende Rolle der Genera anbelangt, so ist ihr Funktionsbereich nicht scharf voneinander abzugrenzen, besonders bezüglich Aktiv und Stativ. Das Aktiv als das schwache Glied der Opposition verfügt über ein unumschränktes Gebrauchsgebiet, es ist eine mobile und elastische Genusform, da es mit Hilfe von kontextualen Umschaltern einige seiner Seme löschen und sich den anderen Genera nähern kann.

Passiv wird gewöhnlich im wissenschaftlichen Stil gebraucht, besonders die dreigliedrige Passivstruktur, das zweigliedrige Passiv und Stativ – sehr oft im Stil der Alltagsrede.

Die schöne Literatur macht sich alle drei Genera als Stilmittel zunutze.

Stilwert der Genera als Ausdrucksmittel der Seh- und Gestaltungsweise.

 

Die dreigliedrige Genusstruktur. Das Aktiv stellt die Handlung in ihrer natürlichen Geschehensrichtung dar: Urheber (Täter, Agens) ® Handlung ® Objekt der Handlung (Patiens), während das Passiv eine rückläufige Darstellungsperspektive schafft: Objekt der Handlung (Patiens) Handlung Urheber (Täter, Agens). Demnach besteht die erste semantisch-stilistische Leistung der Genera in der Änderung der Blickpunktrichtung oder der Erkenntniseinstellung.

Damit hängt auch die zweite Besonderheit zusammen. Das Satzobjekt ist in der Regel Gegenstand der Äußerung, besitzt also den Themenwert, während der Rhemawert dem Objekt zukommt. Mit dem Satzsubjekt eröffnet der Sender seine Aussage, macht den Empfänger gespannt auf das Weitere; das Prädikat und das Objekt bringen die Entspannung. Folglich ist das Passiv dazu geeignet, dem Agens, sei es auch in der Form des präpositionalen Objekts, einen größeren semantischen Wert zu verleihen. Deshalb ist das Passiv so beliebt im wissenschaftlichen Stil.

Die dritte semantisch-stilistische Besonderheit des deutschen Passivs besteht in der Differenzierung der Art der Einwirkung auf das Patiens seitens des Agens, was durch die Wahl der Präpositionen von oder durch geschieht. Das deutsche Passiv- und Stativsystem verfügt über die Opposition von + Dat. / durch + Akk. mit den Semen: „Urheber der Handlung“ – „Vermittler der Handlung“.

Die Opposition von/durch ermöglicht mannigfache stilistische Auswertung: von stellt die Naturerscheinungen als unabhängig vom Menschenwillen wirkende, selbständige Kräfte dar. Auch Gefühle, Empfindungen und Stimmungen überwältigen den Menschen. Von trägt zur Aktivierung der Gegenstände und dadurch zur Bildkraft der Darstellung bei. Von ist ein Mittel der Personifizierung des Leblosen.

Dagegen dient durch zur Verminderung der Aktivität des Agens, besonders, wenn es sich um eine Person handelt.

Die zweigliedrige Genusstruktur. Der aktive Satz mit der leeren Objektstelle wirkt weniger dynamisch. Die zweigliedrige Passiv- und Stativstruktur wählt man aus mehreren Gründen:

wenn der Urheber der Handlung unbekannt ist

bei einer Verallgemeinerung

wenn der Urheber der Handlung nicht genannt werden will (soll, muss)

aus Bescheidenheit, oft im wissenschaftlichen Stil

wenn das Agens in Wirklichkeit fеhlt.

Das zweigliedrige Passiv und Stativ sind Idealformen für den Stil der Sachprosa, wo Feststellungen, Beschreibungen, Denkresultate oder Ergebnisse von Experimenten geliefert werden. Das zweigliedrige Passiv trägt zur trockenen offiziellen Sachlichkeit im Stil der öffentlichen Rede bei.

Auch bei einer künstlerisch gestalteten Schilderung kann das Passiv ausdrucksvoller als das Aktiv sein. Er schafft ein anschauliches Bild, indem es dem Leser bald den einen, bald den anderen Gegenstand vor Augen führt.

Das Stativ bringt kein Leben und keine Bewegung in das sprachliche Gemälde, es malt Ruhelage. Deshalb erscheint es bei der Schilderung der äußeren Merkmale von Gegenständen und Personen durch ihre „dynamischen Merkmale“, es weist darauf hin, dass diese Merkmale erst infolge eines Vorgangs entstanden sind.

Die eingliedrige Genusstruktur. Als solche betrachten wir den Satz, wo nur das Prädikat in irgendeiner Genusform vorhanden ist, während das Satzobjekt fеhlt; das Satzobjektfеhltebenfalls oder es ist durch das unpesönliche es vertreten. Formell ist der Satz zweigliedrig, doch die Genusstruktur blеibt eingliedrig.

Aktiv: Es singt in mir.

Passiv: Es wird gesungen; da wird gesungen.

Stativ: Hier sei an die Hauptwortarten gedacht.

In diesen Satzmodellen fehlen die syntaktischen Stützpunkte für die Realisierung der entsprechenden Seme. „Von wem die Handlung ausgeht“, „worauf sie zielt“, „wer sich in einem bestimmten Zustand befindet“ bleibt unausgesprochen. Das macht das Modell zu einem eindrucksvollen Stilmittel, um die Handlung zu verabsolutisieren. Sie wird isoliert von ihrem Träger dargestellt; so erfolgt die Darstellung eines Geschehens „von selbst“, als Selbstbewegung aus Eigenkraft, „urheberfrei“.

Man kann zum unpersönlichen Aktiv greifen, um menschliche Handlungen zu entpersonifizieren und mystifizieren.

Da das Passiv und das Stativ den Träger meist unbekannt lassen, dienen sie in der eingliedrigen Genusstruktur zur Hervorhebung des Vorgangs bzw. Zustands; der Täter, und zwar der Mensch, ist immer implizit vorhanden: Es wurde auf dem Balkon oder unter dem Kastanienbaum gefrühstückt (Th. Mann, Buddenbrooks). Ersetzen wir die Struktur Es wurde gefrühstückt durch einen man -Satz (man frühstückte), dann erfolgt eine Verlagerung des semantischen Gewichts auf das Subjekt man; die Vorstellung eines Agens tritt deutlicher hervor.

Häufig gebraucht man das unpersönliche Passiv zum Ausdruck eines kategorischen Befehls: Jetzt wird geschlafen! Ebenso wirkt der Imperativ: Hingehen! Aufstehen! Aber das Passiv hat den Vorzug, dass er dank seiner analytischen Form eine Satzklammer und deshalb einen größeren Spannungsbogen schafft. Das macht die Aussage gewichtiger. Will man die Dauer, Wiederholung, Beständigkeit eines Vorgangs zum Ausdruck bringen, wählt man die eingliedrige Passivform. Man begegnet ihr oft in der Alltagsrede.

 



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