Stilistische Bedeutung der sprachlichen Einheit im Kontext 


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Stilistische Bedeutung der sprachlichen Einheit im Kontext



Die stilistische Bedeutung einer sprachlichen Einheit in zusammenhängender Rede besteht aus zwei heterogenen Faktoren:

a) aus der Stilfärbung des Wortes, der Wortfügung, des Affixes, der morphologischen Form oder der syntaktischen Konstruktion im Kontext – daher Kontextstilfärbung und

b) aus stilistischen Konnotationen, die teils unmittelbar aus der Kontextstilfärbung, teils aber erst aus der gesamten Information erwachsen. Unter den stilistischen Konnotationen als zweitem Bestandteil der stilistischen Bedeutung in zusammenhängender Rede verstehen wir summarisch das, was in der Fachliteratur unterschiedliche Namen trägt (Nebensinn, Oberton, Unterton, Untertext, Unterschwelligkeit u.a.), aber dennoch das gleiche meint: die Gesamtheit von Gedanken, Gefühlen, Stimmungen, Vorstellungen, die der Sender durch die sprachstilistische Gestaltung des ganzen Kontextes dem Empfänger verständlich macht oder machen will – dies allerdings nicht explizit, sondern implizit.

Betrachten wir nun die stilistische Bedeutung der sprachlichen Einheit anhand illustrativer Sinnzusammenhänge. Z.B.: tropfnass  – so nass, dass es tropft. Vergleichen wir zwei Aussagen, in denen dieses Lexem enthalten ist:

1. Nach dem Waschen tropfnass aufhängen! (Gebrauchsanweisung für das Reinigen eines Pullis aus syntetischem Gewebe),

2. Gestern haben wir einen Ausflug gemacht. Wir kamen tropfnass nachhause (Erzählung).

Im ersten Satz ist tropfnass fast terminologisch zu verstehen, jedenfalls aus funktionaler Sicht zur Berufslexik gehörig, normalsprachlich und nicht expressiv. Im zweiten Satz sehen wir eine andere Kontextstilfärbung: Stil der Alltagsrede – lit. –umg. – expressiv. In jedem Kommunikationsakt können zur Kontextstilfärbung subjektive Konnotationen hinzutreten – sowohl im Augenblick der Durchsage beim Sprecher/Schreiber als auch beim Hörer/Leser, sobald er Mitteilung vernommen hat. Die an der Grenze zwischen linguistischen und außerlinguistischen Erscheinungen befindlichen Konnotationen lassen sich kaum verallgemeinern und systematisieren.

Unter kontextualen Poetismen versteht man Wörter und Wendungen sowie lexisch-syntaktische Fügungen, die erst im Prozess der Rede dichterische Wirkung ausüben. Ihnen zugrunde liegen meist normalsprachliche Lexeme, deren denotative Bedeutung stilistisch nullgefärbt ist. Mit ihrer Hilfe werden Bilder (Metaphern, Metonymien, bildkräftige Periphrasen und Epitheta, Vergleiche) geschaffen, die den Sachverhalt und Ideengehalt emotional-einprägsam zum Ausdruck bringen. In manchen Fällen genügt ein Kontextminimum zur Poetisierung der Aussage, so etwa in der kurzen Aussage:... im Garten lärmt die Stille (Eva Strittmatter). Diese an sich paradoxe Formulierung ruft mannigfache Konnotationen im Leser hervor. Und wahrscheinlich entstehen bei unterschiedlichen Empfängern unterschiedliche Nebengedanken, Gefühle und auch voluntative Impulse.

Kontextuale Poetismen müssen aber nicht unbedingt auf Bildern beruhen. Alle Wörter der Sprache können, unterstützt durch Mikro- und Makrokontext wie durch andere sprachstilistische Gegebenheiten, unter bestimmten Umständen den Umwandlungsprozess zu poetischer Lexik mitmachen, wenn sie die Gesamtidee des Dichtwerks und seinen Gesamtton mitbestimmen, wenn sie als Bausteine teilhaben an der ideellen und künstlerischen Formung des Ganzes.

 


Sprach- und Stilnormen

Sprach- und Stilnormen in Wechselbeziehung zu außerlinguistischen Faktoren

Unter Sprach- und Stilnormen verstehen wir die Gesamtheit historisch veränderlicher, aber dennoch über größere Zeitabschnitte hinaus stabil kodifizierter Gesetzmäßigkeiten, die die Beschaffenheit wie den Gebrauch der sprachlichen Einheiten auf allen Ebenen bewerten und verbindliche Kriterien für richtig/falsch, angemessen/unangemessen darstellen.

Die Norm ist ein Schnittpunkt zwischen linguistischen und außerlinguistischen Faktoren.

a) Beginnen wir mit der Zeit als außerlinguistischem Faktor.

Zur Illustration: absteigen – In welchem Hotel bist du abgestiegen? Das Verb absteigen wirkt heute in der genannten Redewendung gehoben und wird daher nur in besonderen Kommunikationssituationen verwendet (hingegen in der Alltagsrede: Wo hast du Unterkunft gefunden, ein Zimmer bekommen?).

b) Eine relevante Beziehung besteht zwischen Norm und Nation. Sprach- und Stilnormen sind nur innerhalb eines national homogenen Sprachkollektivs gültig. Da die deutsche Gegenwartssprache die nationalen Varianten des „deutschen Deutsch“, des Schweizer Deutsch und des österreichischen Deutsch umfasst, müssen wir auch die entsprechenden Normen dieser unterschiedlichen sprachlichen Ausprägungen als untereinander gleichberechtigt, als souverän anerkennen. So hat der Österreicher das Recht, die Perfektformen ich bin gegessen, bin gestanden als nationale Norm zu wahren, ebenso wie für den deutschsprachigen Schweizer etwa das Verb besammeln (versammeln) in allen finktionalen Bereichen und Sprechsituationen literarisch einwandfrei ist (Z.B.: die Touristen besammeln sich im Park).

c) Norm und Sprachschicht (sog. vertikale Gliederung). Wie bekannt, besitzen Literatursprache, Umgangssprache und auch die territorialen Dialekte ihre eigenen Normen, allerdings mit qualitativen und quantitativen Unterscheidungsmerkmalen. Auch die Wahl der Sprachschicht und damit ihrer Normen hängt unmittelbar von außerlinguistischen Faktoren ab: nicht nur von der sozialen Herkunft, von der Bildung, der beruflichen Zugehörigkeit und dem Alter der Gesprechspartner, sondern auch von nationalen und territorialen Momenten.

d) Norm und kommunikativer bzw. stilistischer Gebrauchswert. Innerhalb eines zeitlich beschränkten und national homogenen Normensystems lassen sich synchron zwei Gruppen unterscheiden: stilistisch neutrale und stilistisch markierte Normen. Die ersteren betreffen die Basis des Sprachbaus und gelten für sämtliche kommunikativen Sphären der Literatursprache und literarischen Umgangssprache, zum Teil auch für die Ortsdialekte der Gegenwart. Sie lassen allerdings auf allen Ebenen einen gewissen Spielraum für fakultative Varianten (z.B.: ´außerdem/außer´dem), die aber in kommunikativer und stilistischer Hinsicht irrelevant sind.

Die zweite Gruppe, die stilistisch markierten Normen, umfassen sprachliche Einheiten, die infolge ihrer absoluten, d.h. systemhaften Stilfärbung an bestimmte Verwendungsmöglichkeiten gebunden sind. Um ihren Gebrauchswert in der Rede zu determinieren, muss man unbedingt ihre stilistische Charakteristik (funktionelle, normative, expressive Komponente) im Auge haben. So zwingt z.B. die gehobene Stilfärbung, die dem Substantiv Angesicht eignet, den Sprecher/Schreiber, dieses Lexem im passenden Kontext zu verwenden, wie etwa: das teure Angesicht des Vaters/der Mutter, im Angesicht der Gefahr. Hingegen würde die Formulierung Wasch dir doch dein Angesicht ab, auf der Wange hast du Tintenflecke! der Situation nicht angemessen sein.

 

Verstoß gegen die Norm – Abweichung von der Norm als Stilmittel

 

Das folgende Beispiel ist eindeutig als Informationsstörung zu werten. In einer Rundfunkdurchsage hieß es: Sie hören unsere Sendung ab 1. Februar vierzehntägig. Hier handelt es sich zweifellos um einen Verstoß gegen die Norm. Zusammensetzungen mit -tätig bedeuten: für eine Reihe von Tagen; daher wäre also die Sendung vierzehn Tage lang zu hören. Aussageabsicht aber ist die Mitteilung, die alle 14 Tage eine solche Durchsage stattfindet. Richtig muss es heißen: v ierzehntäglich (Zusammensetzungen mit – täglich zeigen an, dass etwas sich nach einer bestimmten Zeit wiederholt).

Die folgenden zwei Beispiele bringen einen vermeintlichen Verstoß gegen die Norm. In diesem Fall haben wir ein wirksames stilistisches Mittel vor uns, dass mit Hilfe einer nichtkodifizierten Passivform einen ganzen Aphorismus sprachökonomisch zum Ausdruck bringt: Wer nicht will, der wird gewollt (Strittmatter, der Ochsenkutscher). Gewiss wird der kommunikative bzw. stilistische Effekt durch die Gegenüberstellung der aktiven und der normwidrigen Passivform erzielt.

B. Brecht lässt in „Mutter Courage“ die Heldin ausrufen: der Friede ist ausgebrochen. Für diese Person ist der Friede ein Unglück, weil sie nur im Krieg gute Geschäfte macht; daher die Verletzung der üblichen Fügungspotenz (der Krieg bricht aus) als gezieltes Stilmittel des Autors.

 

Methoden in der Stilistik

Wir unterscheiden zuerst zwei Hauptarten: das qualitative und das quantitative Verfahren, die Annäherung beider Pole ergibt das dritte, das qualitativ-quantitative Verfahren.

Das traditionelle qualitative Verfahren aller philologischen Wissenschaften besteht in der induktiven, empirischen, d.h. von der Beobachtung des zu untersuchenden Stoffes ausgehenden und zur Verallgemeinerung führenden Arbeitsweise. Das Fehlen von konsequenten exakten Methoden macht aber manche

Schlussfolgerungen unüberprüfbar. Man spricht mehr individuelle Meinungen, intuitive Überlegungen als festgestellte Tatsachen aus. Die Forderung nach Objektivität und Exaktheit aller modernen Wissenschaften regt auch die Vertreter der philologischen Disziplinen an, das traditionelle Verfahren zu vervollständigen. Hier gabeln sich die Wege.

Im Bereich der Stilistik versucht der Schweizer Germanist Hans Glinz, durch einen genauen, detailliert beschriebenen Prozess die Stilanalyse zu objektivieren und zu vereinheitlichen. Dazu führt er eine Reihe von Arbeitsschritten und Proben ein (Klangprobe, Verschiebprobe, Weglassprobe). Er entwickelt eine experimemtierend-interpretierende Forschungsmethode. Er sucht nach Methoden, die den Text in wissenschaftlich kontrollierbarer Weise erfassen lassen, das bedeutet: die Resultate sollen von anderen Sprachforschern überprüft werden können.

Einen anderen weg schlagen die Vertreter des quantitativen Verfahrens ein. Die Entwicklung der mathematischen Informationstheorie, der Statistik, der Kybernetik beeinflusst in zunehmendem Maße die philologischen Disziplinen, darunter auch Stillehre. Die mathematischen Bewertungsmaßstäbe, insbesondere die Statistik, scheinen ein wirksameres Mittel für die Erzielung wissenschaftlich kontrollierbarer Ergebnisse zu sein, als beispielweise die Proben von H.Glinz.

Bei dem quantitativen Verfahren im Bereich der Stillehre handelt es sich um die Statistik und die darauf beruhende Wahrscheinlichkeitstheorie.

In der modernen Stilanalyse spielt die Wahrscheinlichkeitstheorie eine große Rolle. Aber man muss wissen, was man zählt und wozu man zählt. Nicht alle sprachlichen Elemente sind stilrelevant.

Um die Mängel der mathematischen Beschreibung zu beheben, die in der Isolierung der Form vom Inhalt, von Kontext- und Situationsart bestehen, greift man zum qualitativ-quantitativen verfahren, das die Vorzüge beider Methoden in sich vereinigt. Dabei dienen die Zahlen bloß als Hilfsmittel, als Stütze.


II. Thema



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