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Wie die Herren zur Kirche gingen

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“Mir wird so kühl im Harnisch,” sprach der Fiedeler,

“Als ob die Nacht nicht länger währen wolle mehr:

Ich fühl es an den Lüften, es ist nicht weit vom Tag.”

Da weckten sie gar manchen, der da im Schlafe noch lag (1902)

 

Da schien der lichte Morgen den Gästen in den Saal.

Hagen begann zu fragen die Ritter allzumal,

Ob sie zu dem Münster zur Messe wollten gehn?

Nach Site bei den Christen erscholl der Glocken Getön. (1903)

 

Der Gesang war ungleich; kein Wunder mocht es sein,

Dass Christen mit Heiden nicht stimmen überein.

Da wollten zu der Kirche die in Gunthers Lehn:

Man sah sie von den Betten all zumal da erstehn. (1904)

 

Da schnürten sich die Recken in also gut Gewand,

Dass wohl niemals Helden in eines Königs Land

Bessre Kleider brachten Hagen war es leid:

Er sprach: “Ihr tätet besser und trüget Kleider zum Streit. (1905)

 

Nun ist euch zur Genüge die Märe wohl bekannt:

Drum traget statt der Rosen die Waffen an der Hand;

Statt wohl gesteinter Hüte die lichten Helme gut,

Da wir so wohl erkennen der argen Kriemhilde Mut. (1906)

 

Wir müssen heute streiten, das will ich euch sagen.

Statt seidner Hemden sollt ihr Halsbergen tragen;

Statt der reichen Mäntel die guten Schilde breit,

Wenn jemand mit euch zürnet, dass ihr in der Wehr seid. (1907)

 

Meine leiben Herren, ihr Freunde wie mein Bann,

Geht nun zu dem Münster williglich heran

Und klaget Gott dem reichen eure Sorg und Not;

Denn wisset unbezweifelt, es naht uns allen der Tod. (1908)

 

Ihr sollt auch nicht vergessen was von euch geschah,

Und steht andächtgen Herzens vor euerm Gotte da.

Daran will ich euch mahnen, ihr guten Recken hehr;

Es wend' es Gott denn anders, so hört ihr keine Messe mehr.” (1909)

 

Sie gingen zu dem Münster die Fürsten wie ihr Lehn.

Auf dem heilgen Friedhof, da hieß sie stille stehn

Hagen der kühne, damit man sie nicht schied.

Er sprach: “Noch weiß ja niemand, was von den Heunen geschieht. (1910)

 

“Legt, meine Freunde, die Schilde vor den Fuß

Und lohnt es, heut euch jemand feindlichen Gruß,

Mit tiefen Todeswunden; das ist was Hagen rät:

So werdet ihr befunden wies euch am Löblichsten steht.” (1911)

 

Volker und Hagen, die beiden gingen dann

Vor das weite Münster. Das ward darum getan,

Weil sie schauen wollten, ob sich die Köngin hehr

Mit ihnen drängen müsse: Sie zürnten ihr beide sehr. (1912)

 

Da kam der Wirt des Landes und auch sein schönes Weib;

Mit reichem Gewande geziert war ihr Leib.

Manchen schnellen Degen sah man mit ihm fahren;

Da flog der Staub zur Höhe von der Kriemhilde Scharen. (1913)

 

Als der reiche König so wohl gewaffnet sah

Die Könge nebst dem Volke, wie balde sprach er da:

“Was seh ich meine Freunde unter Helmen gehn?

Leid wär mir meiner Treue, wär ihnen Leid hier geschehn. (1914)

 

Das wollt ich ihnen büßen, wie es sie däuchte gut.

Wenn ihnen wer beschwerte das Herz und auch den Mut,

So lass ich sie wohl schauen mir sei es wahrlich leid:

Was sie gebieten mögen, dazu bin ich gern bereit.” (1915)

 

Zur Antwort gab ihm Hagen: “Uns ist kein Leid geschehn.

Es ist der Herren Sitte, dass sie gewaffnet gehn

Bei Hofgelagen immer zu dreien vollen Tagen.

Was uns hier geschähe, wir würden es Etzeln klagen.” (1916)

 

Wohl hörte Kriemhilde Hagens Rede da.

Wie feindlich sie dem Degen unter die Augen sah!

Sie wollte doch nicht melden den Brauch in ihrem Land,

So lang sie den auch hatte bei den Burgonden gekannt. (1917)

 

Wie grimm und stark sie ihnen entgegen wäre,

Hätte jemand Etzeln gesagt die Märe,

Er hätt es wohl gewendet, was nun doch geschah:

In hohem Übermute verschwiegen sie es alle da. (1918)

 

Da schritt mit vielem Volke die Köngin nach der Tür:

Da wollten diese beide nicht weichen von ihr

Zweier Hände Breite: Das war den Heunen leid.

Da musste sie sich drängen mit den Helden allbereit. (1919)

 

Etzels Kämmerlinge, die däuchte das nicht gut:

Da hätten sie den Recken gern erzürnt den Mut,

Wenn sie gedurft hätten vor dem König hehr.

Da gab es groß Gedränge und doch nichts anderes mehr. (1920)

 

Als nach dem Gottesdienste man heim zu ziehn begann,

Da kam gar bald geritten mancher Heunenmann.

Da war bei Kriemhilden manche schöne Maid:

Wohl siebentausend Degen gaben der Königin Geleit, (1921)

 

Kriemhild mit ihren Frauen in den Fenstern saß

Bei Etzeln dem reichen; gerne sah er das.

Sie wollten reiten sehen die Helden auserkannt:

Hei! Was man fremder Recken vor ihnen auf dem Hofe fand! (1922)

 

Da war auch mit den Knechten der Marschall gekommen:

Der kühne Dankwart hatte zu sich genommen

Seines Herrn Gesinde von Burgondenland:

Die Rosse man gesattelt von kühnen Niblungen fand. (1923)

 

Als zu Rosse kamen die Fürsten und ihr Bann,

Volker der starke hub zu raten an,

Sie sollten buhurdieren nach ihres Landes Sitten.

Da wurde von den Helden bald gar herrlich geritten. (1924)

 

Was der Held geraten, niemanden des verdross.

Das Kampfspiel und das Schallen wurden beide groß.

Zu dem weiten Hofe kam da mancher Mann;

Etzel und Kriemhilde, die schauten alles mit an. (1925)

 

Auf den Buhurd kamen sechshundert Degen,

Dietrichens Recken, den Gästen entgegen.

Mit den Burgonden wollten sie sich im Spiel ergehn;

Hätt es ihr Herr vergönnet, so wär es gerne geschehn. (1926)

 

Hei! Was gute Degen ritten da heran!

Dieterich dem Herren ward es kund getan.

Mit Gunthers Ingesinde das Spiel er ihnen verbot:

Er schonte seiner Leute; das tat ihm sicherlich Not. (1927)

 

Als vom Platze schieden die dem Berner untertan,

Kamen von Bechlaren die im Rüdgers Bann,

Fünfhundert unter Schilden, vor den Saal geritten;

Leid wars dem Markgrafen; er hätt es gern nicht gelitten. (1928)

 

Da ritt der Degen weislich zu ihnen durch die Schar

Und sagte seinen Degen: Sie würden wohl gewahr,

Dass im Unmut wären die in Gunthers Bann:

Wenn sie das Wettspiel ließen, so sei ihm Liebes getan. (1929)

 

Als von ihnen schieden die Helden unverzagt,

Die Thüringer kamen, wie man uns hat gesagt,

Und vom Dänenlande wohl tausend kühner Degen:

Von Stichen sah man fliegen viel der Splitter allerwegen. (1930)

 

Irnfried und Hawart in das Kampfspiel ritten:

Ihrer harrten die vom Rheine mit hochfährtgen Sitten.

Sie tjosteten mit denen von Thüringerland:

Durchbohrt von Stichen wurde mancher schöne Schildesrand. (1931)

 

Da kam der Degen Blödel, dreitausend in der Schar.

Etzel und Kriemhilde nahmen sein wohl wahr,

Weil vor ihnen beiden das Ritterspiel geschah.

Die Königin es gerne aus Hass zu den Burgonden sah. (1932)

 

* Sie gedacht in ihrem Sinne, wie es schier auch wär geschehn:

“Täten sie wem Leides, so dürft ich mich versehn,

Dass es zum Ernste käme: An den Feinden mein

Würd ich dann gerochen, des wollt ich ohne Sorge sein.” (1933)

 

Schrutan und Gibeke auf den Buhurd ritten,

Ramung und Hornbog, nach heunischen Sitten.

Sie hielten vor den Helden aus Burgondenland:

Da flogen auf die Schäfte hoch über des Saales Wand. (1934)

 

* Wie da die andern ritten, das war nur eitler Schall.

Von Stößen auf die Schilde den Pallas und den Saal

Hörte man ertosen durch die in Gunthers Bann.

Das Lob sich sein Gesinde mit großen Ehren gewann. (1935)

 

Da ward die Kurzweile so mächtig und so groß.

Dass den Satteldecken der blanke Schweiß entfloss

Von den guten Rossen, so die Helden ritten:

Sie versuchten an den Heunen sich mit hochfährtgen Sitten. (1936)

 

Da sprach der kühne Volker, der edle Fiedelmann:

“Zu zag sind diese Degen, sie greifen uns nicht an.

Ich hörte immer sagen, sie hassten uns so sehr:

Nun wär die Zeit gelegen, es fügt sich ihnen so nicht mehr.” (1937)

 

“Wieder zu den Ställen,” sprach da Volker,

“Ziehe man die Rosse; wir reiten wohl noch mehr

In den Abendstunden, kommt dazu die Zeit:

Ob dann wohl den Burgonden den Preis die Königin beut?” (1938)

 

Da sahn sie einen reiten so zierlich daher,

Wie im Heunenlande wohl kein andrer mehr:

Vielleicht in den Zeiten hatt er ein Liebchen traut:

Er ritt so schmuck gekleidet als eines edeln Ritters Braut. (1939)

 

Da sprach wieder Volker: “Wie blieb das ungetan?

Jener Frauenliebling muss einen Stoß empfahn.

Das mag hier niemand wenden, es geht ihm an den Leib:

Nicht frag ich, ob drum zürne dem König Etzel sein Weib.” (1940)

 

“Nicht doch! Bei meiner Liebe,” der König gleich begann,

“Man wird uns darum tadeln, greifen wir sie an:

Die Heunen lasst beginnen, es kommt wohl noch dahin.”

Noch saß König Etzel am Fenster bei der Königin. (1941)

 

Ich will das Kampfspiel mehren,” sprach Hagen dagegen,

“Lasst die Frauen sehen und alle diese Degen

Wie wir reiten können; das ist wohlgetan:

Man gibt doch wenig Lobes den Recken hier in Gunthers Bann.” (1942)

 

Volker der Schnelle ritt wieder in den Streit.

Da schuf er mancher Fraue großes Herzeleid:

Er stach dem reichen Heunen der Speer durch den Leib:

Das sah man bald beweinen manche Maid und manches Weib. (1943)

 

Da kam in großer Eile Hagen mit seinem Bann:

Mit sechzig seiner Degen zu reiten hub er an

Zu dem Fiedelspieler hin wo das Spiel geschah;

Etzel mit Kriemhilden das alles wohl übersah. (1944)

 

Da ließen die drei Könige den kühnen Fiedler gut

Unter seinen Feinden nicht länger ohne Hut.

Da ward von tausend Helden mit großer Kunst geritten;

Sie taten was sie lüstete mit gar hochfährtgen Sitten. (1945)

 

Als der reiche Heune zu Tode war geschlagen,

Vernahm man seiner Freunde Wehruf und Klagen.

Da fragte das Gesinde: “Wer hat das getan?”

Man sprach: “Das tat der Fiedler, Volker der kühne Spielmann.” (1946)

 

Nach Schwertern und nach Schilden riefen gleich zur Hand

Des Markgrafen Freunde von der Heunen Land.

Zu Tode schlagen wollten sie da den Fiedelmann;

Der Wirt von seinem Fenster daher zu eilen begann. (1947)

 

Da hob sich von den Heunen Lärm und lauter Schall.

Abstiegen mit dem Volke die Könge vor dem Saal;

Zurück die Rosse stießen die in Gunthers Bann.

Da kam der König Etzel den Streit zu schlichten heran. (1948)

 

Einem Vetter dieses Heunen, den er bei ihm fand,

Eine scharfe Waffe riss er dem aus der Hand

Und schlug sie all zurücke; er war in großem Zorn:

“Wie hätt ich meine Dienste an diesen Helden verlorn, (1949)

 

Wenn mir erschlagen wäre dieser Fiedelmann,”

Sprach der König Etzel, “ihr hättet missgetan.

Als er erstach den Heunen, sein Reiten wohl ich sah,

Dass es durch ein Straucheln ohne seine Schuld geschah. (1950)

 

Ihr sollt meine Gäste mit Frieden lassen ziehn.”

So ward er ihr Geleite. Die Rosse zog man hin

Zu den Herbergen; sie hatten manchen Knecht,

Der den Degen fleißiglich zu allen Diensten ward gerecht. (1951)

 

Der Wirt mit seinen Freunden ging zum Saal zurück;

Da regte sich kein Zürnen mehr von seinem Blick.

Man richtete die Tische, das Wasser man auch trug:

Da hatten die vom Rheine der starken Feinde genug. (1952)

 

* Unlieb war es Etzeln, doch folgte manche Schar

Den Fürsten, die mit Waffen wohl versehen war,

Im Unmut auf die Gäste, als man zu Tische ging,

Den Freund bedacht zu rächen, wenn es günstge Zeit verhing. (1953)

 

* “Dass ihr in Waffen lieber zu Tische geht als bloß,”

Sprach der Wirt des Landes, “die Unart ist zu groß:

“Wer aber an den Gästen den kleinsten Frevel wagt,

Es kostet ihm das Leben: Das sei euch Heunen gesagt.” (1954)

 

Bevor sie niedersaßen, die Herrn, das währte lang,

Weil zu sehr mit Sorgen Frau Kriemhilde rang.

Sie sprach: “Fürst von Berne, heute muss ich flehn

Bei dir um rat und Hilfe; meine Sachen ängstlich stehn.” (1955)

 

Zur Antwort gab ihr Hildebrand, ein Recke lobeswert:

“Wer schlägt die Nibelungen, dem lieh ich nicht mein Schwert:

Um aller Schätze willen; es wird ihm wahrlich leid:

Sie sind noch unbezwungen, die schnellen Ritter allbereit.” (1956)

 

* “Ich rede nur von Hagen; der hat mir leid getan:

Er erschlug Siegfrieden, meinen lieben Mann.

Wer den von ihnen schiede, dem wär mein Gold bereit;

Entgält es anders jemand, das wär mir inniglich leid.” (1957)

 

* Da sprach Meister Hildebrand: “Wie möchte das geschehn,

Den ihnen zu erschlagen? Ihr solltets selber sehn:

Bestünde man den Degen, so gäb es eine Not,

Dass Arme so wie Reiche dabei erwürben den Tod.” (1958)

 

Da sprach wohl gezogen dazu Herr Dieterich:

“Verschont, reiche Königin, mit solchen Reden mich:

Mir ist von euern Freunden kein solches Leid geschehn,

Dass ich die kühnen Degen im Streit sollte bestehn. (1959)

 

“Die Bitte ehrt euch wenig, viel edel Fürstenweib,

Dass ihr verraten möchtet eurer Freunde Leid.

Sie kamen euch auf Gnade hieher in dieses Land:

Siegfried bleibt ungerochen wohl von Dietrichens Hand.” (1960)

 

Als sie keine Untreu bei dem Berner fand,

Versprach sie unsäumig in Degen Blödels Hand

Eine weite Landschaft, die Nudung einst besaß:

Später schlug ihn Dankwart, dass er der Gabe gar vergaß. (1961)

 

Sie sprach: “Du sollst mir helfen, mein Bruder Blödelein.

Es sind in diesem Hause die große Feinde mein,

Sie Siegfrieden schlugen, meinen lieben Mann:

Wer mir das rächen hülfe, dem wär ich immer untertan.” (1962)

 

Zur Antwort gab ihr Blödel: “Fraue, wisset das,

Ich darf an euern Freunden nicht üben meinen Hass,

Weil sie mein Bruder Etzel so gerne sehen mag:

Tät ich ihnen Leides, der König trüg mirs immer nach.” (1963)

 

“Nicht doch, Degen Blödel, ich bin dir immer hold:

Ich gebe dir zum Lohne mein Silber und mein Gold

Und eine schöne Fraue, Nudungens Weib:

So magst du immer kosen ihren minniglichen Leib. (1964)

 

Das Land samt den Burgen will ich dir alles geben:

So magst du, edler Ritter, mit Freuden immer leben,

Wenn du das Land gewinnest, das Nudung einst besaß;

Was ich dir jetzt gelobe, mit Treue leist ich dir das.” (1965)

 

Als der Herre Blödel vernommen von dem Sold,

Und ihm durch ihre Schöne gefiel die Fraue hold,

Wollt er im Kampf verdienen das minnigliche Weib.

Darob verlieren musste der Degen Leben und Leib. (1966)

 

Da sprach er zu der Königin: “Geht wieder in den Saal.

Eh man es inne werde, erheb ich großen Schall;

Hagen muss es büßen was er euch hat getan:

Ich bring euch gebunden König Gunthers Untertan.” (1967)

 

“Nun waffnet euch,” sprach Blödel, “ihr all in meinem Lehn,

Lasst uns zu den Feinden in die Herberge gehn.

Mir will es nicht erlassen König Etzels Weib:

Wir Helden müssen alle verwagen Leben und Leib.” (1968)

 

Als den Degen Blödel entließ die Königin,

Dass er den Streit beginne, ging sie zu Tische hin

Mit Etzeln dem Könige und mit seinem Bann:

Sie hatte schlimme Räte wider die Gäste getan. (1969)

 

* Wie sie zu Tische gingen, das will ich euch sagen:

Man sah reiche Könige ihr vor die Krone tragen;

Manchen hohen Fürsten und viel der werten Degen

Sah man hehrer Sitte vor der Königin pflegen. (1970)

 

* Der König wies den Gästen die Sitze überall,

Den Höchsten und den Besten neben sich im Saal.

Den Christen und den Heiden die Kost er unterschied;

Man gab die Fülle beiden, wie es der weise König riet. (1971)

 

* In den Herbergen aßen die Knecht in Gunthers Bann.

Truchsesse wies man sie zu verpflegen an:

Die hatten sie zu speisen großen Fleiß gepflogen.

Die Bewirtung und die Freude ward bald mit Jammer aufgewogen. (1972)

 

Als nichts anders mochte begonnen sein der Streit,

(In ihrem Herzen begraben war Kriemhilds altes Leid;

Da hieß sie zu den Tischen tragen Etzels Sohn:

Wie konnt ein Weib aus Rache wohl jemals freislicher tun? (1973)

 

Von Etzels Leuten kamen viere gleich daher

Und brachten Ortlieben, den jungen König hehr,

An den Tisch der Fürsten, wo auch Hagen saß:

Das Kind must ersterben durch seinen mordlichen Hass. (1974)

 

Als der reiche König seinen Sohn ersah,

Zu seiner Frauen Brüdern gütlich sprach er da:

“Schauet, meine Freunde, das ist mein einzig Kind,

Und das eurer Schwester; das sei euch allen hold gesinnt. (1975)

 

“Gerät er nach dem Stamme, er wird ein kühner Mann,

Reich und voll Adel, stark und wohlgetan.

Erleb ich es, ich geb ihm zwölf reicher Könge Land,

So tut euch wohl noch Dienste des jungen Ortliebes Hand. (1976)

 

“Darum will ich euch bitten, lieben Freunde mein,

Wenn ihr nach Hause wieder reitet an den Rhein,

Dass ihr mit euch nehmet eurer Schwester Kind;

Und seid auch dem Knaben immer gnädiglich gesinnt: (1977)

 

“Erzieht ihn nach Ehren bis er gerät zum Mann:

Hat euch in euerm Lande jemand ein Leid getan,

So hilft er euch es rächen, erwuchs ihm erst der Leib.”

Die Rede hörte Kriemhild wohl, des König Etzels Weib. (1978)

 

“Ihm sollten wohl vertrauen alle diese Degen,

Wenn er zum Mann erwüchse,” sprach Hagen dagegen;

“Doch ist der junge König so schwächlich anzusehn:

Man wird mich selten schauen nach Hof zu Ortlieben gehn.” (1979)

 

Der König blickt' auf Hagen; die Rede war ihm leid.

Wenn er auch nichts entgegnete, der König allbereit,

Es schmerzt' ihn in der Seele und trübte seinen Mut.

Da waren Hagens Sinne zu keiner Kurzweile gut. (1980)

 

Es schmerzte wie den König sein fürstlich Ingesind

Was Hagen da gesprochen hatte von dem Kind.

Dass sie's vertragen sollten, ging ihnen allen nah;

Noch konnten sie nicht wissen, was von dem Recken bald geschah. (1981)

 

* Gar manche, die es hörten und die ihm trugen Groll,

Hätten ihn gern bestanden; der König selber wohl,

Wenn er mit Ehren durfte, so käm der Held in Not.

Bald tat ihm Hagen Ärgeres, er schlug ihn vor seinen Augen tot. (1982)

 

Abenteuer

Wie Blödel erschlagen ward

 

 

Blödels Recken standen gerüstet allzumal.

In tausend Halsbergen ereilten sie den Saal,

Wo Dankwart mit den Knechten an den Tischen saß:

Da hob sich unter Helden der allergrößeste Hass. (1983)

 

Als der Degen Blödel zu den Tischen ging,

Dankwart der Marschall mit Gruß ihn wohl empfing;

“Willkommen hier im Hause, mein Herre Blödelein;

Mich wundert euer Kommen: Sagt, was soll die Märe sein?” (1984)

 

“Heiß mich nicht willkommen,” sprach da Blödelein;

“Denn dieses mein Kommen, das soll dein Ende sein

Um Hagen deinen Bruder, der Siegfrieden schlug:

Das entgiltst du bei den Heunen und andre Degen genug.” (1985)

 

“Nicht doch, Degen Blödel,” sprach da Dankwart,

“So möchte bald uns reuen zu Hofe diese Fahrt.

Ich war ein Kind, als Siegfried Leben ließ und Leib:

Nicht weiß ich was mir wolle dem König Etzel sein Weib.” (1986)

 

“Ich weiß dir von der Märe weiter nichts zu sagen;

Es tatens deine Freunde, Gunther und Hagen.

Nun wehrt euch, ihr Armen, ihr könnt nicht länger leben;

Ihr müsst mit dem Tode ein Pfand hier Kriemhilden geben.” (1987)

 

“Lasst ihrs nicht unterbleiben,” sprach da Dankwart,

“So gereut mich meines Flehens: Hätt ich das gespart!”

Der schnelle kühne Degen von dem Tische sprang:

Er zog eine Waffe, die war gewaltig und lang. (1988)

 

Damit schlug er Blödeln einen schwinden Schwertesschlag,

Dass ihm das Haupt zur Stelle vor den Füßen lag.

“Das sei die Morgengabe,” sprach Dankwart der Degen,

“Zu Nudungens Witwe, der du mit Minne wolltest pflegen. (1989)

 

Vermähle man sie morgen einen andern Mann:

Will er den Lohn erwerben, wird ihm wie dir getan.”

Ein vielgetreuer Heune hatt ihm das gesagt,

Wie die Königstochter ihr großes Leid ihm geklagt. (1990)

 

Da sahen Blödels Leute, ihr Herr sei erschlagen;

Sie wollten von den Gästen das länger nicht ertragen:

MIt aufgehobnen Schwertern drang auf sie ein

Das Volk in grimmem Mute; das musste manchen gereun. (1991)

 

Laut rief da Dankwart sein Heergesinde an:

“Ihr seht wohl, edle Knechte, es ist um uns getan:

Nun wehrt euch, ihr Armen; fürwahr, das tut uns Not,

Damit ihr ohne Schanden erliegt in wehrlichem Tod.” (1992)

 

Die keine Schwerter hatten, die griffen nach der Bank,

Und hoben von den Füßen manchen Schemel lang;

Die Burgondenknechte wollten nichts ertragen:

Da ward mit schweren Stühlen gar manche Beute geschlagen. (1993)

 

Wie grimm die Heimatlosen sich wehrten in dem Strauß!

Sie trieben zu dem Hause die Gewaffneten hinaus:

Fünfhundert oder drüber erlagen drin den Tod.

Da war das Heergesinde vom Blute nass und auch rot. (1994)

 

Diese schlimme Botschaft drang in kurzer Zeit

Zu Königs Etzels Recken (ihnen war es grimmig leid),

Dass erschlagen liege Blödel und sein Bann:

Das hatte Hagens Bruder mit seinen Knechten getan. (1995)

 

Eh es der König hörte stand schon ein Heunenheer

In seinem Zorn gerüstet, zweitausend oder mehr:

Sie gingen zu den Knechten, wohl musst es also sein,

Und ließen des Gesindes nicht einen länger gedeihn. (1996)

 

Die Ungetreuen brachten vor das Haus ein mächtig Heer:

Die heimatlosen Knechte standen wohl zur Wehr.

Was half da Kraft und Kühnheit? Sie fanden doch den Tod.

Darauf nach kurzer Weile erhob sich schreckliche Not. (1997)

 

Nun mögt ihr Wunder hören von Ungeheuerm sagen:

Neuntausend Knechte, die lagen tot erschlagen,

Darüber zwölf Ritter in Dankwartens Lehn;

Man sah ihn ganz alleine unter seinen Feinden stehn. (1998)

 

Beschwichtigt war das Schallen, der Lärm war eingestellt,

Über die Achsel blickte Dankwart der Held:

Er sprach: “O weh der Freunde, die ich fallen sah!

Nun steh ich leider einsam unter meinen Feinden da.” (1999)

 

Die Schwerter fielen heftig auf des einen Leib:

Das musste bald beweinen manches Helden Weib.

Den Schild rückt' er höher, den Riemen ließ er nieder:

Da färbt' er viel Harnische mit fließendem Blute wieder. (2000)

 

“O weh mir dieses Leides!”, sprach Aldrianens Kind.

“Nun weicht, ihr Heunenrecken und lasst mich an den Wind,

Dass die Lüfte kühlen mich sturmmüden Mann.”

Da drang er auf die Türe unter Schlägen herrlich an. (2001)

 

Als der Streitmüde aus dem Hause sprang,

Wie manches Schwert von neuem auf seinem Helm erklang!

Die nicht gesehen hatten die Wunder seiner Hand,

Die sprangen da entgegen dem aus Burgondenland. (2002)

 

“Nun wollte Gott,” sprach Dankwart, “dass mir ein Bote käm,

Durch den mein Bruder Hagen diese Mär vernähm,

Dass ich vor diesen Recken steh in solcher Not.

Der hülfe mir von hinnen oder fände mit den Tod.” (2003)

 

Da sprachen die Heunen: “Der Bote musst du sein,

Wenn wir dich Toten tragen vor den Bruder dein:

Dann sieht sein erstes Herzeleid Gunthers Untertan.

Du hast den König Etzel hier großen Schaden getan.” (2004)

 

Er sprach: “Nun lasst das Drohen und weichet desto mehr.

Wohl mach ich hier noch manchem den Panzer nass und schwer

Ich will die Märe selber hin zu Hofe tragen,

Und will auch meinen Herren meinen großen Kummer klagen.” (2005)

 

Er machte sich so furchtbar dem Volk in Etzels Lehn,

Dass sie ihn mit Schwertern nicht wagten zu bestehn:

Sie schossen so viel Spieße in seinen Schildesrand,

Er musst ihn seiner Schwere wegen lassen aus der Hand. (2006)

 

Sie wähnten ihn zu zwingen, weil er den Schild nicht trug,

Hei, was er tiefer Wunden durch die Helme schlug!

Da musste vor ihm straucheln mancher kühne Mann,

Dass sich viel hohen Lobes der kühne Dankwart gewann. (2007)

 

Von beiden Seiten sprangen die Gegner auf ihn zu;

Wohl kamen ihrer manche in den Streit zu früh

Da ging er vor den Feinden her, wie ein Eberschwein

Im Walde tut vor Hunden: Wie mocht er wohl kühner sein? (2008)

 

Sein Weg ward immer wieder genässt mit heißem Blut:

Konnte je alleine ein Recke wohl so gut

Mit seinen Feinden streiten, als der Held getan?

Da schritt Hagens Bruder nach Hofe herrlich heran. (2009)

 

Die Truchsess und die Schenken vernahmen Schwerterklang:

Gar mancher die Getränke aus den Händen schwang,

Oder auch die Speisen, die man zu Hofe trug:

Da fand er vor der Stiege der starken Feinde genug. (2010)

 

“Wie nun, ihr Truchsesse?”, sprach der müde Degen,

“Nun solltet ihr die Gäste fleißiglich verpflegen,

Und solltet zu den Tischen die gute Speise tragen

Und ließet mich die Märe meinen lieben Herren sagen.” (2011)

 

Wer da den Mut gewonnen und vor die Stieg ihm sprang,

Deren schlug er manchen so schweren Schwertesschwang,

Dass ihm aus Schreck die andern ließen freie Bahn:

Da hatten seien Kräfte viel große Wunder getan. (2012)

 

Abenteuer



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