Wie der Nibelungenhort nach Worms kam 


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Wie der Nibelungenhort nach Worms kam



 

 

Als die edle Kriemhild so verwitwet ward,

Verblieb bei ihr im Lande der Markgraf Eckewart

Mit seinem Ingesinde: Er dient' ihr zu allen Tagen

Und half auch seiner Frauen seinen Herren oft beklagen. (1133)

 

Zu Wormes bei dem Münster gab man ihr ein Schloss,

Weit und geräumig, reich dazu und groß,

Worin mit dem Gesinde die Freudenlose saß.

Gern ging sie zur Kirche, mit großer Andacht tat sie das. (1134)

 

Wo ihr Freund begraben lag, wie fleißig ging sie hin!

Sie tat es alle Tage mit traurigem Sinn,

Und bat dass Gott der gute seiner Seele möge pflegen:

Gar oft beweint wurde mit großer Treue der Degen. (1135)

 

Ute und ihr Gesinde sprachen ihr immer zu,

Und doch im wunden Herzen fand sie so wenig Ruh,

Es konnte nicht verfangen der Trost den man ihr bot.

Sie hatte nach dem Teuern die allergrößeste Not, (1136)

 

Die nach dem lieben Manne je ein Weib gewann:

Ihre große Tugend mochte man erkennen wohl daran.

Sie klagt' ihn bis zu Ende, bis sie verlor den Leib:

Bald rächte sich gewaltig des kühnen Siegfriedes Weib. (1137)

 

Sie saß nach ihrem Leide, das ist alles wahr,

Nach ihres Mannes Tode bis an das vierte Jahr

Und hatte nie zu Gunthern gesprochen einen Laut,

Und ihren Feind Hagen in all der Zeit nicht erschaut. (1138)

 

Da sprach von Tronje Hagen: “Könnte das geschehn,

Dass ihr eure Schwester euch hold möchtet sehn,

So käm zu diesem Lande der Nibelungen Gold:

Des mögt ihr viel gewinnen, wird uns die Königin hold.” (1139)

 

Er sprach: “Man solls versuchen: Meine Brüder stehn ihr bei,

Die sollen für uns werben, dass sie uns freundlich sei,

Wenn wir den Hort gewinnen, dass sie das gerne sieht.”

“Ich glaube nicht,” sprach Hagen, “dass es jemals geschieht.” (1140)

 

Da hat er Ortweinen an den Hof zu gehn

Und den Markgraf Gere: Als das war geschehn

Rief man auch Gernoten und Geiselhern das Kind:

Da versuchten bei Kriemhilden sie es freundlich und gelind. (1141)

 

Da sprach von Burgonden der kühne Gernot:

“Ihr klagt zu lange, Fraue, um Siegfriedens Tod.

Der König will euch zeigen, er hab ihn nicht erschlagen;

Man hört zu allen Zeiten euch so heftig um ihn klagen.” (1142)

 

Sie sprach: “Des zeiht ihn niemand, ihn schlug Hagens Hand:

Wo er verwundbar wäre, macht ich ihm bekannt.

Wie konnt ich michs versehen, er trüg ihm solchen Hass!

Ich hätte wohl vermieden,” so sprach die Königin, “das. (1143)

 

“Hätt ich nicht vermeldet seinen schönen Leib,

So ließ ich nun mein Weinen, ich unselig Weib!

Hold werd ich denen nimmer, die das an ihm getan!”

Da begann zu flehen Geiselher, dieser waidliche Mann. (1144)

 

* Sie sprach: “Ich muss ihn grüßen, ihr liegt zu sehr mir an.

Von euch ists große Sünde: Er hat mir angetan

So viel Herzensschwere ganz ohne meine Schuld:

Mein Mund schenkt ihm Verzeihung, mein Herz ihm nimmer die Huld.” (1145)

 

* “Nun wird es besser werden,” ihre Freunde sprachen so.

“Vielleicht wirds ihm gelingen, dass sie noch werde froh.

Er mags ihr wohl ersetzen,” sprach Gerenot.

Da sprach die Jammersreiche: “Ich tu nach euerm Gebet: (1146)

 

Ich will den König grüßen.” Als er das vernahm,

Mit seinen besten Freunden der König zu ihr kam.

Da wagte doch Herr Hagen sich nicht zu ihr heran:

Er kannte seine Schuld wohl, er hatt ihr Leides getan. (1147)

 

Als sie verschmerzen wollte auf Gunther den Hass,

Dass er sie küssen sollte, wohl ziemte sich ihm das,

Wär ihr mit seinem Willen das Übel nicht geschehn;

So durft er dreistes Mutes immer zu Kriemhilden gehn. (1148)

 

Es ward mit solchen Tränen nie eine Sühne mehr

Gestiftet unter Freunden: Sie schmerzt' ihr Schaden sehr;

Doch verzieh sie allen bis auf den einen Mann:

Erschlagen hätt ihn niemand, hätt es Hagen nicht getan. (1149)

 

Darauf nicht lange währt' es, so stellten sie es an,

Dass Kriemhild die Fraue den großen Hort gewann

Vom Nibelungenlande und bracht ihn an den Rhein:

Ihre Morgengabe war es und musst ihr billig eigen sein. (1150)

 

Nach diesem fuhr da Geiselher und auch Gernot.

Achtzighundert Mannen Frau Kriemhild gebot

Dass sie ihn holen sollten, wo er verborgen lag

Und sein der Degen Alberich mit seinen besten Freunden pflag. (1151)

 

Als man des Schatzes willen vom Rhein sie kommen sah,

Alberich der Kühne sprach zu den Freunden da:

“Wir dürfen ihr wohl billig den Hort nicht entziehn,

Da sein als Morgengabe heischt die edle Königin. (1152)

 

“Dennoch sollt es nimmer,” sprach Alberich, “geschehn,

Müssten wir nicht leider für uns verloren sehn

Mitsamt Siegfrieden den guten Nebelhut,

Den immer hat getragen Kriemhilds Gemahl, der Degen gut. (1153)

 

“Nun ist es Siegfrieden leider schlimm bekommen,

Dass uns die Tarnkappe der Held hat genommen,

Und dass ihm dienen musste dieses ganze Land.”

Hin ging der Kammerhüter, wo er des Hortes Schlüssel fand. (1154)

 

Da standen vor dem Berge die Kriemhild gesandt

Und mancher ihrer Freunde: Man ließ den Schatz zur Hand

Zu dem Meere bringen an die guten Schiffelein

Und führt' ihn auf den Wellen bis zu Berg auf den Rhein. (1155)

 

Nun mögt ihr von dem Horte Wunder hören sagen:

Zwölf Doppelwagen konnten ihn kaum von dannen tragen

In der Tag und Nächte vieren aus des Berges Schacht,

Und hätten sie den Weg auch des Tages dreimal gemacht. (1156)

 

Es war auch nichts anders als Gestein und Gold.

Und hätte man die Erde erkauft mit diesem Gold,

Um keine Mark vermindert hätt es seinen Wert.

Wohl hatte sein mit Unrecht der Degen Hagen nicht begehrt. (1157)

 

Der Wunsch der lag darunter, ein goldnes Rütelein:

Wer das erkundet hätte, der mochte Meister sein

Auf der weiten Erde wohl über jeden Mann.

Von Albrichs Freunden schlossen Gernoten viele sich an. (1158)

 

* Als sich Gernot der Degen und der junge Geiselher

Des Hortes unterwanden, da wurden sie auch Herr

Des Landes und der Burgen und der Recken wohlgestalt:

Die mussten ihnen dienen zumal durch Furcht und Gewalt. (1159)

 

Als sie den Hort gewannen in König Gunthers Land,

Und sich darob die Königin der Herrschaft unterwand,

Die Kammern und die Türme, die wurden voll getragen.

Man hörte nie von Schätzen so große Wunder wieder sagen. (1160)

 

Und wären auch die Schätze noch größer tausendmal,

Und wär der Degen Siegfried erstanden von dem Fall,

Gern wär bei ihm Kriemhilde geblieben hemdebloß.

Nie war zu einem Helden eines Weibes Treue so groß. (1161)

 

Als sie den Hort nun hatte, da bracht er in das Land

Viel der fremden Recken: Wohl gab der Frauen Hand,

Dass man so große Milde nie zuvor gesehn.

sie übte hohe Tugend: Das musste man ihr zugestehn. (1162)

 

Den Armen und den Reichen zu geben sie begann.

Hagen sprach zum König: “Lässt man sie so fortan

Noch eine Weile leben, so wird sie in ihr Lehn

So manchen Degen bringen, dass es uns übel muss ergehn.” (1163)

 

Da sprach König Gunther: “Ihr gehört das Gut:

Wie darf er mich bekümmern, was sie damit tut?

Ich konnt es kaum erlangen, dass sie mir wurde hold;

Nicht frag ich, wie sie teilet ihr Gestein und rotes Gold.” (1164)

 

Hagen sprach zum König: “Es vertraut ein kluger Mann

Solche Schätze nimmer einer Frauen an:

Sie bringts mit ihren Gaben wohl noch an den Tag,

Da es sehr gereuen die kühnen Burgonden mag.” (1165)

 

Da sprach König Gunther: “Ich schwur ihr einen Eid,

Dass ich ihr nimmer wieder fügen wollt ein Leid

Und will es künftig meiden: Sie ist die Schwester mein.”

Da sprach wieder Hagen: “Lasst mich den Schuldigen sein.” (1166)

 

Sie nahmen ihre Eide meistens schlecht in Hut:

Da raubten sie der Witwe das mächtige Gut.

Hagen aller Schlüssel dazu sich unterwand;

Ihr Bruder Gernot zürnte, als ihm das wurde bekannt. (1167)

 

Da sprach der junge Geiselher: “Viel Leides ist geschehn

Durch Hagen meiner Schwester: Dem sollt ich widerstehn:

Wär er nicht mein Vetter, es ging' ihm an den Leib.”

Wieder neues Weinen begann da Siegfriedens Weib. (1168)

 

Im Unmut sprach da Gernot: “Eh wir solche Pein

Mit diesem Golde litten, wir solltens in den Rhein

Allzumal versenken: So hört es niemand an.”

Sie kam mit Klaggebärde da zu Geiselher heran. (1169)

 

Sie sprach: “Lieber Bruder, du sollst gedenken mein,

Des Lebens und des Gutes sollst du ein Vogt mir sein.”

Da sprach er zu der Fraue: “Wohl, es soll geschehn,

Wenn wir wiederkommen: Eine Fahrt ist zu bestehn.” (1170)

 

Gunther und seine Freunde räumten da das Land.

Die allerbesten drunter, die man irgend fand.

Hagen nur alleine verblieb um seinen Hass,

Den er Kriemhilden hegte: zu ihrem Schaden tat er das. (1171)

 

Eh der reiche König wieder war gekommen,

Derweilen hatte Hagen den ganzen Schatz genommen:

Er ließ ihn dort bei Lochheim versenken in den Rhein.

Er wähnt', er sollt ihn nutzen; das aber konnte nicht sein. (1172)

 

Die Fürsten kamen wieder, mit ihnen mancher Mann.

Kriemhild den großen Schaden zu klagen da begann

Mit Mägdlein und Frauen: Sie hatten Herzeleid.

Gern war ihnen Geiselher zu aller Treue bereit. (1173)

 

Da sprachen sie einhellig: “Er hat nicht wohlgetan.”

Bis er zu Freunden wieder die Fürsten sich gewann

Entwich er ihrem Zorne: Sie ließen ihn genesen.

Da könnt ihm Kriemhilde wohl nicht feinder sein gewesen. (1174)

 

Bevor von Tronje Hagen den Schatz also verbarg,

Da hatten sie's beschworen mit Eiden hoch und stark,

Dass er verhohlen bliebe so lang sie möchten leben:

So konnten sie ihn nicht nutzen noch ihn jemand anders geben. (1175)

 

Mit neuem Leide wieder belastet war ihr Mut,

Erst um des Mannes Leben und nun da sie das Gut

Ihr so gar benahmen: Da ruht' auch ihre Klage

So lange sie lebte nimmer bis zu ihrem jüngsten Tage. (1176)

 

Nach Siegfriedens Tode, das ist alles wahr,

Lebte sie im Leide wohl dreizehn Jahr,

Dass ihr der Tod des Recken stets im Sinne lag:

Sie war ihm je getreue; das rühmen ihr die Meisten nach. (1177)

 

* Eine reiche Fürstenabtei stiftete Ute

Nach Dankratens Tode von ihrem Gute,

Mit großen Einkünften, die es noch heute zieht,

Dort zu Lorsch das Kloster, das man in hohen Ehren sieht. (1178)

 

* Dazu gab auch Kriemhilde hernach ein großes Teil,

Um Siegfriedens Seele und aller Seelen Heil,

Gold und Edelsteine mit williger Hand;

Getreuer Weib auf Erden ward uns selten noch bekannt. (1179)

 

* Seit Kriemhild König Gunthern hold ward wie zuvor,

Und doch den großen Hort dann durch seine Schuld verlor,

Ihres Herzeleides wurde da noch mehr:

Da zöge gern von dannen die Fraue edel und hehr. (1180)

 

* Nun war Frau Uten ein Sedelhof bereit

Zu Lorsch bei ihrem Kloster, reich, groß und weit,

Dahin von ihren Kindern sie zog und sich verbarg,

Wo noch die hehre Königin begraben liegt in einem Sarg. (1181)

 

* Da sprach die Königswitwe: “Liebe Tochter mein,

Hier magst du nicht verbleiben: Bei mir denn sollst du sein

Zu Lorsch in meinem Hause und lässt dein Weinen dann.”

Kriemhilde gab ihr Antwort: “Wo ließ ich aber meinen Mann?” (1182)

 

* “Den lass nur dort verbleiben,” sprach Frau Ute.

“Nicht woll es Gott vom Himmel,” sprach die Gute.

“Meine liebe Mutter, davor will ich mich wahren,

Nein, er muss von hinnen in Wahrheit auch mit mir fahren.” (1183)

 

* Da schuf die Jammersreiche, dass man ihn erhub

Und sein Gebein, das edle, wiederum begrub

Zu Lorsch bei dem Münster, mit Ehren mannigfalt:

Da liegt im langen Sarge noch der Degen wohlgestalt. (1184)

 

* Zu denselben Zeiten, da Kriemhild gesollt

Zu ihrer Mutter ziehen, wohin sie auch gewollt,

Da musste sie verbleiben, weil es nicht sollte sein:

Das schufen neue Mären, die da kamen über Rhein. (1185)

 

Abenteuer

Wie König Etzel um Kriemhilden sandte

 

 

Das war in jenen Zeiten, als Frau Helke starb

Und der König Etzel um andre Frauen warb,

Da rieten seine Freunde in Burgondenland

Zu einer stolzen Witwe, die war Frau Kriemhild genannt. (1186)

 

Seit dahingestorben der schönen Helke Leib

Sie sprachen: “So gewinnen ihr wollt ein edel Weib,

Die Höchste und die Beste, die ein König je gewann,

So nehmet Kriemhilden; der starke Siegfried war ihr Mann.” (1187)

 

Da sprach der reiche König: “Wie ginge das wohl an,

Bin ich doch ein Heide, der die Taufe nicht gewann;

Und sie ist eine Christin: Sie nimmt mich nimmermehr.

Ein Wunder müsst es heißen, käm sie jemals hieher.” (1188)

 

Da sprachen die Schnellen: “Vielleicht, dass sie es tut

Um euern hohen Namen und euer großes Gut.

Man soll es doch versuchen bei dem edeln Weib:

Euch ziemte wohl zu minnen ihren waidlichen Leib.” (1189)

 

Da sprach der edle König: “Wem ist nun bekannt

Unter euch am Rheine das Volk und auch das Land?”

Da sprach von Bechlaren der gute Rüdiger:

“Mir sind die edeln Könige kund von Kindesjahren her, (1190)

 

Gunther und Gernot, die edeln Ritter gut;

Der dritte heißet Geiselher: Ein Jeglicher tut

Was er nach bester Sitte und Tugend mag begehn;

Auch ist von ihren Ahnen noch stets dasselbe geschehn.” (1191)

 

Da sprach wieder Etzel: “Freund, du sollst mir sagen,

Ob sie in meinem Lande wohl soll die Krone tragen

Und ob ihr Leib so schön ist als mir ward gesagt,

Von meinen besten Freunden wird es nimmer beklagt.” (1192)

 

“Sie vergleicht sich an der Schöne wohl der Frauen mein,

Helke, der reichen: Nicht schöner könnte sein

Auf der weiten Erde eine Königin:

Wen sie erwählt zum Freunde, der mag wohl trösten seinen Sinn. (1193)

 

“Und wisse, edler König, stehst du darob nicht an,

Sie war dem besten Manne, Siegfrieden untertan,

Dem Sohne Siegmundens; du hast ihn hier gesehn:

Man mocht ihm große Ehre wohl in Wahrheit zugestehn.” (1194)

 

Da sprach König Etzel: “War sie des Recken Weib,

So war wohl also teuer des edeln Fürsten Leib,

Dass ich nicht verschmähen darf die Königin:

Ob ihrer großen Schönheit gefällt sie wohl meinem Sinn.” (1195)

 

Er sprach: “So wird sie, Rüdiger, so lieb als ich dir sei.

Und lieg ich Kriemhilden je als Gatte bei,

Das will ich dir vergelten so gut ich immer kann;

Auch hast du meinen Willen mit aller Treue getan. (1196)

 

“Von meinem Kammergute lass ich so viel dir geben,

Dass du mit den Gefährten in Freuden mögest leben;

Von Rossen und Gewanden was ihr nur begehrt,

Das wird zu dieser Botschaft auf mein Geheiß euch gewährt.” (1197)

 

Zur Antwort gab der Markgraf, der reiche Rüdiger:

“Unlöblich wär es, hätt ich deines Guts Begehr.

Ich will dein Bote gerne werden an den Rhein

Mit meinem eignen Gute; ich hab es aus den Händen dein.” (1198)

 

Da sprach der reiche König: “Wann denkt ihr zu fahren

Zu der Minniglichen? So soll euch Gott bewahren

Dabei an allen Ehren und auch die Fraue mein:

Und mag das Glück mir helfen, dass sie uns gnädig möge sein.” (1199)

 

Da sprach wieder Rüdiger: “Eh wir räumen dieses Land

Müssen wir uns rüsten mit Waffen und Gewand,

Dass wir vor den Königen mit Ehren dürfen stehn:

Ich will zum Rheine führen fünfhundert Degen ausersehn. (1200)

 

“Wenn man in Burgonden mich und die Meinen seh,

Dass dann einstimmig das Volk im Land gesteh,

Es habe nie ein König so manchen kühnen Mann

So fern daher gesendet als du zum Rheine getan.” (1201)

 

Da sprach der Markgraf wieder: “Wohlan, ich will euch sagen,

Wir heben uns von hinnen in vierundzwanzig Tagen.

Ich entbiet es Gotlinden, der lieben Fraue mein,

Dass ich zu Kriemhilden selber wolle Bote sein.” (1202)

 

Rüdiger sandte Boten nach Bechlaren hin.

Darüber wurde traurig und froh die Markgräfin;

Er entbot ihr, für den König werb er um ein Weib:

Da gedachte sie mit Liebe an der schönen Helke Leib. (1203)

 

Als die Botenkunde die Markgräfin gewann,

Leid war es ihr zum Teile, zu sorgen hub sie an,

Ob sie wohl eine Herrin gewänne so wie eh?

Gedachte sie an Helke, das tat ihr inniglich weh. (1204)

 

Nach sieben Tagen Rüdiger ritt aus Ungerland,

Worüber wohl gemutet man König Etzeln fand.

Man fertigte die Kleider in der Stadt zu Wien:

Da wollt er mit der Reise auch nicht mehr länger verziehn. (1205)

 

Zu Bechlaren harrte sein Frau Gotelind.

Die junge Markgräfin, Herrn Rüdigers Kind,

Sah ihren Vater gerne und die in seinem Bann;

Da ward ein liebes Harren von schönen Frauen getan. (1206)

 

Eh der edle Rüdiger aus der Stadt zu Wien

Ritt nach Bechlaren, da waren hier für ihn

Die Kleider wohl bereitet auf Säumern angekommen;

Sie fuhren solcherweise, dass ihnen wenig ward genommen. (1207)

 

Als sie zu Bechlaren kamen in die Stadt,

Für seine Heergesellen um Herbergen bat

Der wirt mit holden Worten: Wohl pflegte man sie da.

Die reiche Gotlinde den Wirt gar gerne kommen sah. (1208)

 

Auch seine liebe Tochter, die Markgräfin jung,

Ob ihres Vaters Kommen war sie froh genung.

Aus Heunenland die Helden, wie gerne sie die sah!

Mit lachendem Mute sprach die edle Jungfrau da: (1209)

 

“Nun seid mit Gott willkommen, mein Vater und sein Bann.”

Da ward ein schönes Danken von manchem werten Mann

Mit allem Fleiß geboten der jungen Markgräfin.

Wohl kannte Gotelinde des edeln Rüdiger Sinn. (1210)

 

Als des Nachts Gotlinde bei Rüdigern lag,

Da frug mit holden Worten die Markgräfin nach,

Wohin ihn denn gesendet der Fürst von Heunenland?

Er sprach: “Meine Frau Gotlinde, ich mach es gern euch bekannt: (1211)

 

“Meinem Herren werben soll ich ein ander Weib,

Da ihm ist erstorben der schönen Helke Leib;

Da will ich zu Kriemhilden reiten an den Rhein:

Die soll hier bei den Heunen vielgewaltge Herrin sein.” (1212)

 

“Das wollte Gott!”, sprach Gotlind, “möchte das geschehn,

Da wir so hohe Ehren ihr hören zugestehn.

Sie ersetzt uns meine Fraue vielleicht in alten Tagen:

Wir mögen bei den Heunen sie gerne sehen Krone tragen.” (1213)

 

Da sprach der Markgraf Rüdiger: “Liebe Fraue mein,

Die mit mir fahren sollen von hinnen an den Rhein,

Denen sollt ihr minniglich bieten euer Gut:

Wenn Helden reichlich leben, so tragen sie hohen Mut.” (1214)

 

Sie sprach: “Da ist nicht einer, wenn er es gerne nähm,

Dem ich nicht willig böte was jeglichem genehm,

Eh ihr von hinnen scheidet und die in euerm Bann.”

“So wird mir,” sprach der Markgraf, “ein Gefallen getan.” (1215)

 

Hei! Was man reicher Zeuche von ihrer Kammer trug!

Da ward den edeln Recken Gewand zu Teil genug

Mit allem Fleiß gefüttert vom Hals bis auf die Sporen.

Die ihm davon gefielen hatte Rüdger sich erkoren. (1216)

 

An dem siebenten Morgen von Bechlaren ritt

Der Wirt mit seinen Recken. Sie führten Waffen mit

Und Kleider auch die Fülle durch der Baiern Land.

Sie wurden auf der Straße von Räubern selten angerannt. (1217)

 

Binnen zwölf Tagen kamen sie an den Rhein.

Da konnte diese Märe nicht lang verborgen sein;

Dem König und den seinen ward es kundgetan,

Es kämen fremde Gäste. Der Wirt zu fragen begann, (1218)

 

O sie jemand kenne? Das solle man ihm sagen.

Man sah die Saumrosse schwere Lasten tragen:

Wie reich die Helden waren, das ward da wohl erkannt;

Herberge schuf man ihnen in der weiten Stadt zur Hand. (1219)

 

Als die Unbekannten waren angekommen.

Da ward der fremden Gäste mit Neugier wahrgenommen;

Sie wunderte, von wannen sie kämen an den Rhein.

Der Wirt fragte Hagen, wer die Herren möchten sein? (1220)

 

“Noch hab ich sie nicht gesehn:”, sprach den Tronje Hagen,

“Wenn wir sie erschauen will ich euch wohl sagen

Von wannen sie geritten kommen in dies Land;

Wie fremd sie immer wären, so sind sie gleich mir bekannt.” (1221)

 

Man hatte Herbergen den Gästen nun genommen.

Der Bote war in reichen Kleidern angekommen

Mit seinen Heergesellen, als sie zu Hofe ritten.

Sie trugen gute Kleider, die waren zierlich geschnitten. (1222)

 

Da sprach der schnelle Hagen: “So viel ich mag verstehn,

Da ich seit langen Tagen den Herrn nicht hab ersehn,

So sind sie so gekleidet als wär es Rüdiger

Aus dem Heunenlande, dieser Degen kühn und hehr.” (1223)

 

“Wie sollt ich das wohl glauben?”, sprach Gunther gleich zur Hand,

“Dass der von Bechelaren käm in dieses Land?

Kaum hatte der König das Wort gesprochen gar,

Da nahm der kühne Hagen den guten Rüdiger wahr. (1224)

 

Er und seine Freunde liefen alle hin;

Da sprangen von den Rossen fünfhundert Degen kühn.

Wohl empfangen wurden die von Heunenland;

Niemals trugen Boten wohl so herrliches Gewand. (1225)

 

Da rief von Tronje Hagen mit lauter Stimme Schall:

“Nun seien uns willkommen diese Degen all,

Der Vogt von Bechlaren mit seinem ganzen Lehn.”

Der Empfang war mit Ehren den schnellen Heunen geschehn. (1226)

 

Des Königs nächste Freunde drängten sich heran.

Da hub von Metzen Ortewein zu Rüdigern an:

“Wir haben lange Tage hier nicht mehr gesehn

So willkommne Gäste, das muss ich wahrlich gestehn!” (1227)

 

Sie dankten für den Willkomm den Recken allzumal.

Mit ihrem Heergesinde gingen sie zum Saal,

Wo sie den König fanden bei manchem kühnen Mann.

Der erhob sich von dem Sitze, das ward aus höfscher Zucht getan. (1228)

 

Wie freundlich den Boten er entgegenging!

Den Gast mit seinen Leuten minniglich empfing

Gunther mit Gernoten; er durft es ohne Scham.

Rüdiger den guten bei der Hand der König nahm. (1229)

 

Er führt' ihn zu dem Sitze, worauf er selber saß.

Den Gästen ließ er schenken (gerne tat man das)

Von dem guten Mete und von dem besten Wein,

Den man nur mochte finden in den Landen um den Rhein. (1230)

 

Geiselher und Gere waren auch gekommen;

Dankwart und Volker, die hatten bald vernommen

Von den fremden Gästen. Sie waren wohlgemut:

Sie empfingen vor dem Könige die Ritter edel und gut. (1231)

 

Da sprach von Tronje Hagen zu Gunthern seinem Herrn:

“Ihm sollten es vergelten diese Recken gern,

Was uns der Markgraf alles zu Liebe hat getan:

Des sollte Lohn empfangen der schönen Gotelinde Mann.” (1232)

 

Da sprach König Gunther: “Ich lasse nicht das Fragen:

Wie beide sich gehaben, das sollt ihr mir sagen,

Etzel und Frau Helke in der Heunen Land?”

Der Markgraf versetzte: “Ich mach es gern euch bekannt.” (1233)

 

Da erhob er sich vom Sitze mit seinem ganzen Bann

Und sprach zu dem Könige: “Wenn ichs erlangen kann,

Dass ihr es, Herr, erlaubet, so hehle nichts mein Mund:

Die Märe, die ich bringe, die mach ich willig euch kund.” (1234)

 

Er sprach: “Was man uns immer durch euch entboten hat

Erlaub ich euch zu sagen ohne der Freunde Rat.

Die Märe lasset hören mich und die Degen mein:

Euch soll nach allen Ehren zu werben hier verstattet sein. (1235)

 

Da sprach der biedre Bote: “Euch entbietet an den Rhein

Seine treuen Dienste der große König mein,

Dazu den Freunden allen, die euch zugetan;

Auch wird euch diese Botschaft mit aller Treue getan. (1236)

 

“Euch lässt der edle König klagen seine Not:

Sein Volk ist arm an Freude, meine Fraue die ist tot,

Helke die reiche, meines Herrn Gemahl:

An der ist nun verwaiset schöner Jungfraun große Zahl, (1237)

 

“Edler Fürsten Kinder, die sie erzogen hat:

Daher hat nun im Lande so große Trauer Statt.

Es ist nun leider niemand, der sie so treulich pflegt.

Drum wähn ich auch, dass selten des Königs Sorge sich legt.” (1238)

 

“Nun lohn ihm Gott,” sprach Gunther, “dass er die Dienste sein

So williglich entbietet mir und den Freunden mein.

Ich hörte gern die Grüße, die ihr mir kund getan;

Ihm sollen gerne dienen meine Freunde wie mein Bann.” (1239)

 

Da sprach von Burgonden der Recke Gernot:

“Die Welt mag immer klagen um der schönen Helke Tod,

Der hohen Tugend willen, die sie gewohnt zu pflegen.”

Das bestätigte Hagen und noch mancher andre Degen. (1240)

 

Da sprach wieder Rüdiger, der edle Bote hehr:

“Erlaubt ihr mir, Herr König, so sag ich euch noch mehr,

Was mein lieber Herre euch hieher entbot:

Er lebt in großem Kummer seit der Köngin Helke Tod. (1241)

 

Man sagte meinem Herren, Kriemhild sei ohne Mann.

Herr Siegfried ist gestorben: Log man nicht daran

Und wollt ihr es vergönnen, so soll sie Krone tragen

Über Etzels Recken: Das gebot mein Herr ihr zu sagen.” (1242)

 

Da sprach der reiche König mit wohl gezogenem Mut:

“Es ist nach meinem Willen, wenn sie es gerne tut.

Das will ich euch verkünden in diesen dreien Tagen:

Wenn sie es nicht verweigert, wie sollt ichs Etzeln versagen?” (1243)

 

Herberge ward den Gästen beschieden gleich zur Hand.

Sie wurden so bedienet, das Rüdiger gestand,

Er habe gute Freunde in König Gunthers Bann.

Ihm diente Hagen gerne, er hatt ihm Gleiches einst getan. (1244)

 

So verweilte Rüdiger bis an den dritten Tag.

Der Fürst berief die Räte, wie er weislich pflag,

Und frug, ob es die Freunde däuchte wohlgetan,

Dass Kriemhilde nähme den edeln König zum Mann. (1245)

 

Da rieten sie es alle; nur Hagen stands nicht an.

Der begann zu Gunther, dem kühnen Helden, an:

“Habt ihr kluge Sinne, so seid wohl auf der Hut,

Wenn sie auch folgen wollte, dass ihr doch nimmer es tut.” (1246)

 

“Warum,” sprach da Gunther, “ließ ichs nicht ergehn?

Was künftig noch der Königin Liebes mag geschehn,

Will ich ihr gerne gönnen: Sie ist die Schwester mein.

Wir müssten selbst drum werben, sollt es ihr zur Ehre sein.” (1247)

 

“Lasst solche Rede bleiben,” fiel Hagen wieder ein:

“Wenn euch wie mir Herr Etzel kund sollte sein,

Und ließt ihr sie ihn minnen, wie ich euch höre sagen,

Das müsstet ihr vor allen mit vollem Rechte beklagen.” (1248)

 

“Warum?”, sprach da Gunther, “leicht vermeid ich das:

Ich komm ihm nie so nahe, dass ich durch seinen Hass

Leid zu befahren hätte, würd er auch ihr Mann.”

Da sprach wieder Hagen: “Es ist nimmer wohlgetan.” (1249)

 

Da lud man Gernoten und Gelselhern heran,

Ob es die Herren beide däuchte wohlgetan,

Wenn Kriemhilde nähme den reichen König hehr.

Noch wiederriet es Hagen und auch anders niemand mehr. (1250)

 

Da sprach von Burgonden Geiselher der Degen:

“Nun mögt ihr, Freund Hagen, noch der Treue pflegen:

Entschädigt sie des Leides, ihr habt ihr viel getan.

Was ihr noch mag gelingen, ihr sollt sie nicht verhindern dran. (1251)

 

Wohl habt ihr meiner Schwester gefügt so manches Leid.”

Sprach da wieder Geiselher, Der Degen allbereit,

“Ihr hättet es verdienet, wäre sie euch gram:

Wohl niemand einer Frauen so viel der Freuden benahm.” (1252)

 

“Dass ich das wohl erkenne, das sei euch frei bekannt.

Und soll sie Etzel nehmen und kommt sie in sein Land,

Wie sie es immer füge, viel Leid tut sie uns an.

Wohl kommt in ihre Dienste da mancher waidliche Mann.” (1253)

 

Dawider sprach zu Hagen der kühne Gernot:

“Es mag dabei verbleiben bis an beider Tod,

Dass wir niemals kommen in König Etzels Land.

Lasst uns ihr treulich dienen, wie uns die Ehre des ermahnt.” (1254)

 

Da sprach wieder Hagen: “Das mag mir niemand sagen.

Und soll die edle Kriemhild Helkens Krone tragen,

Viel Leid wird sie uns schaffen, wie sie's nur fügen kann:

Ihr sollt es bleiben lassen, das ständ euch Recken besser an.” (1255)

 

Im Zorne sprach da Geiselher, der schönen Ute Kind:

“Wir sollen doch nicht alle meineidig sein gesinnt!

Was Liebes ihr geschehe, wir wollen froh drum sein;

Was ihr auch redet, Hagen, ich dien ihr nach der Treue mein.” (1256)

 

Als das Hagen hörte, da trübte sich sein Mut.

Geiselher und Gernot, die stolzen Ritter gut,

Und Gunther der reiche, zuletzt vereinten sich:

Wenn es Kriemhild wünsche, sie wolltens dulden williglich. (1257)

 

Da sprach Markgraf Gere: “Ich will der Fraue sagen,

Dass sie den König Etzel sich lasse wohlbehagen.

Dem sind so viel der Recken mit Ehrfurcht untertan,

Er mag ihr wohl vergüten was sie je Leides gewann.” (1258)

 

Hin ging der schnelle Degen, wo er Kriemhilden sah.

Sie empfing ihn gütlich; wie balde sprach er da:

“Ihr mögt mich gern begrüßen und geben Botenbrot;

Es will das Glück euch scheiden nun von aller eurer Not. (1259)

 

Es hat um eure Minne, Fraue, hergesandt

Der allerbesten Einer, der je ein Königsland

Gewann mit vollen Ehren und Krone durfte tragen:

Es werden edle Ritter, das lässt euch euer Bruder sagen,” (1260)

 

Da sprach die Jammersreiche: “Verbieten soll euch Gott

Und allen meinen Freunden, dass sie keinen Spott

Mit mir Armen treiben: Was sollt ich einem Mann,

Der je Herzensliebe von gutem Weibe gewann?” (1261)

 

Sie widersprach es heftig. Da traten zu ihr her

Gernot ihr Bruder und der junge Geiselher.

Sie baten sie in Liebe und trösteten ihr den Mut:

“Wenn sie den König nehme, es gerat ihr wahrlich gut.” (1262)

 

Bereden mochte niemand das tugendreiche Weib.

Dass sie minnen sollte eines Mannes Leib.

Da baten sie die Degen: “So lasst es nur geschehn,

Wenn ihr nicht anders wollet, dass euch die Boten mögen sehn.” (1263)

 

“Das will ich nicht versagen,” so sprach die Fraue hehr,

“Ich empfange gerne den guten Rüdiger

Seiner Tugend willen: Wär er nicht hergesandt,

Jedem andern Boten, dem blieb' ich immer unbekannt.” (1264)

 

Da sprach sie: “Auf Morgen bescheidet ihn hieher

Zu meiner Kemenate, den guten Rüdiger:

So mag ich meinen Willen dem Degen selber sagen.”

Ihr begann von neuem das große Weinen und Klagen. (1265)

 

Auch wünschte sich nichts anders der edle Rüdiger

Als dass er schauen möchte die Königstochter hehr.

Er wusste sich so weise: Könnt es irgend sein,

So musst er sie bereden, diesen Rechen zu frein. (1266)

 

Früh des andern Morgens, als man die Messe sang,

Die edeln Boten kamen: Da hob sich großer Drang.

Die mit Rüdigeren zu Hofe sollten gehn,

Deren war im Staate manch stolzer Recke zu sehn. (1267)

 

Kriemhild die schöne Fraue reingemut,

Da harrte sie auf Rüdiger, den edeln Boten gut.

Er fand sie in dem Kleide, das sie für täglich trug:

Dabei trug ihr Gesinde reicher Kleider genug. (1268)

 

Sie ging ihm entgegen zu der Türe hin

Und empfing Etzels Recken mit gütlichem Sinn.

Nur selbzwölfter trat er zu der Frauen ein;

Man bot ihm große Ehre: Nicht mochten bessre Boten sein (1269)

 

Man hieß den Herren sitzen und die in seinem Lehn.

Die beiden Markgrafen, die sah man vor ihr stehn,

Eckewart und Gere, die edeln Ritter gut.

Der Hausfrau wegen fand man da niemanden wohlgemut. (1270)

 

Sie sahen vor ihr sitzen gar manche edle Maid.

Die schöne Fraue hatte Jammer nur und Leid.

Ihr Kleid war vor den Brüsten von heißen Tränen nass;

Wohl an Frau Kriemhilden sah der edle Markgraf das. (1271)

 

Da sprach der hehre Bote: “Viel edles Königskind,

Mir und den Gesellen, die mit mir kommen sind,

Geruhet zu erlauben, dass wir vor euch stehn

Und euch melden, weshalb unsre Reise sei geschehn.” (1272)

 

“Das sei euch erlaubet,” sprach die Königin:

“Was ihr auch sagen möget, also steht mein Sinn,

Dass ich es gerne höre: Ihr seid ein Bote gut.”

Da hörten wohl die andern ihren ungünstgen Mut. (1273)

 

Da sprach von Bechlaren der Markgraf Rüdiger:

“Euch bat entboten, Fraue, Etzel der König hehr

Treu und große Liebe hieher in dieses Land:

Er hat um eure Minne viel gute Recken hergesandt. (1274)

 

“Er entbeut euch freundlich Liebe sonder Leid:

Er sei zu steter Freundschaft euch immerdar bereit,

Wie Frau Helken weiland, die ihm im Herzen lag;

Er hat nach ihren Tugenden noch oft unfröhlichen Tag.” (1275)

 

Da sprach die Königstochter: “Markgraf Rüdiger,

Wenn meines Herzeleides jemand kundig wär,

Der würde mir nicht raten zu einem zweiten Mann:

Ich verlor an einem mehr als je ein Weib gewann.” (1276)

 

“Was tröstet mehr im Leide,” sprach der kühne Mann,

“Als freundliche Liebe? Wer die gewähren kann

Und hat sich den erkoren, der ihm zu Herzen kommt,

Der fühlt wohl, dass im Leide nichts so sehr als Liebe frommt. (1277)

 

Und geruhet ihr zu minnen den edeln Herren mein,

Zwölf reicher Kronen sollt ihr gewaltig sein.

Dazu von dreißig Königen gibt euch mein Herr das Land.

Die alle hat bezwungen seine vielgewaltge Hand. (1278)

 

“Ihr sollt euch Herrein werden ob manchem werten Mann,

Die Helken meiner Frauen waren untertan,

Und über viel der Frauen, einst ihrem Dienst gesellt,

Von hoher Fürsten Stamme,” sprach der hochbeherzte Held. (1279)

 

“Dazu gibt euch mein König, so gebot er euch zu sagen,

Wenn ihr geruht die Krone bei dem Herrn zu tragen,

Macht, die allerhöchste, die Helke je gewann:

So gewaltig sollt ihr herrschen über Etzels ganzen Bann.” (1280)

 

“Wie möchte wohl wieder,” so sprach die Königin,

“Eines Helden Weib zu werden gelüsten meinem Sinn?

Der Tod hat an dem einen mir solches Leid getan,

Dass ichs bis an mein Ende nimmermehr verschmerzen kann.” (1281)

 

Die Heunen sprachen wieder: “Viel reiche Königin,

Das Leben geht bei Etzeln euch so froh dahin,

Es wird euch immer freuen, wenn ihr es habt getan:

Manchen zieren Degen der reiche König gewann. (1282)

 

“Helkens Jungfrauen und eure Mägdelein,

Sollten die zusammen je ein Gesinde sein,

Dabei so möchten Recken wohl werden wohlgemut;

Lasst es euch raten, Fraue, es bekommt euch wahrlich gut.” (1283)

 

Sie sprach mit edler Sitte: “Nun lasst die Rede sein

Bis morgen in der Frühe: Dann tretet zu mir ein:

So will ich auf die Märe euch geben den Bescheid.”

Da mussten Folge leisten die kühnen Degen allbereit. (1284)

 

Als zu den Herbergen sie kamen allzumal,

Zu Geiselhern zu senden die edle Frau befahl

Und nach ihrer Mutter: Den beiden sagte sie,

Ihr gezieme nur zu weinen und alles andere nie. (1285)

 

Da sprach ihr Bruder Geiselher: “Mir ahnet, Schwester mein,

Und gerne mag ichs glauben, dein Leid und deine Pein

Wird König Etzel wenden: Und nimmst du ihn zum Mann,

Was jemand anders rate, so dünkt es mich wohl getan.” (1286)

 

Da redete Frau Ute ihrer lieben Tochter zu:

“Was deine Brüder raten, liebes Kind, das tu:

Folge deinen Freunden, so wird dirs wohlergehn.

Ich habe dich zu lange in großem Jammer gesehn.” (1287)

 

Oft bat sie Gott den reichen, dass wieder ihre Hand

Zu schenken haben möge Gold, Silber und Gewand,

Wie einst da er noch lebte, ihr Mann der Degen hehr.

Sie erlebte doch nicht wieder so frohe Stunden nachher. (1288)

 

Sie gedacht in ihrem Sinne: “Und sollt ich meinen Leib

Einem Heiden geben? Ich bin ein Christenweib:

Des hätt ich Spott und Schanden auf Erden immerdar.

Gäb er mir alle Reiche, ich tät es nimmer fürwahr.” (1289)

 

Da ließ sie es bewenden. Die Nacht bis an den Tag

Die Frau in ihrem Bette voll Gedanken lag;

Ihre lichten Augen trockneten ihr nicht

Bis sie zu der Mette wieder ging beim Morgenlicht. (1290)

 

Zur Messezeit auch waren die Könige gekommen.

Sie hatten ihre Schwester an die Hand genommen

Und rieten ihr zu minnen den von Heunenland.

Niemand doch die Fraue ein wenig fröhlicher fand. (1291)

 

Da ließ man zu ihr kommen die Etzel hergesandt.

Die wollten nun mit Urlaub räumen Gunthers Land,

Wie es geraten möge, mit ja oder nein!

Da kam zu Hofe Rüdiger: Die Gefährten schärften ihm ein. (1292)

 

Dass er recht erforsche des edeln Königs Mut,

Und das bei Zeiten täte; das däuchte jeden gut;

Ihre Wege wären ferne wieder in ihr Land.

Man brachte Rüdigeren hin wo er Kriemhilden fand. (1293)

 

Da bat alsbald der Recke die edle Königin

Mit minniglichen Worten, zu künden ihren Sinn

Was sie entbieten wolle in König Etzels Land.

Der Held mit seinem Werben bei ihr nur Weigerung fand: (1294)

 

“Sie wolle nimmer wieder minnen einen Mann.”

Dawider sprach der Markgraf: “Das wär nicht recht getan:

Was wollt ihr so verderben euern minniglichen Leib?

Ihr werdet noch mit Ehren eines werten Mannes Weib.” (1295)

 

Nichts half es was sie baten, bis dass Rüdiger

Insgeheim gesprochen mit der Königin hehr,

Er hoff ihr zu vergüten all ihr Ungemach.

Da ließ zuletzt ein wenig ihre hohe Trauer nach. (1296)

 

Da sprach er zu der Königin: “Lasst euer Weinen sein;

Hättet ihr bei den Hennen niemand als mich allein,

Meine lieben Freunde und die mir untertan

Er sollt es schwer entgelten, hätt euch jemand Leid getan.” (1297)

 

Darüber schien getröstet die Frau in ihrem Mut.

Sie sprach: “Wohlan, so schwöret, was mir jemand tut,

Ihr wollt der Erste werden, der rächen will mein Leid.”

Da erwidert' ihr der Markgraf: “Dazu bin ich gern bereit.” (1298)

 

Mit allen seinen Degen schwur ihr Rüdiger,

Ihr immer treu zu dienen und dass die Recken hehr

Ihr nichts versagen sollten in König Etzels Land,

Was ihre Ehre heische: Das gelobt' ihr Rüdigers Hand. (1299)

 

Da gedachte die Getreue: “Wenn ihr gewinnen kann

So viel der steten Freunde, so seh ichs wenig an

Was die Leute reden, ich jammerhaftes Weib!

Vielleicht wird noch gerochen meines lieben Mannes Leib.” (1300)

 

Sie gedachte: “Da Herr Etzel der Recken hat so viel;

Denen ich gebiete, so tu ich was ich will.

Er hat auch solchen Reichtum, dass ich verschenken kann;

Mich hat der leidge Hagen meines Gutes ohne getan.” (1301)

 

Sie sprach zu Rüdigern: “Hätt ich nicht vernommen,

Dass er ein Heide wäre, so würd ich gerne kommen,

Wohin sein Wille wäre, so nähm ich ihn zum Mann.”

Da sprach der Markgraf wieder: “Steht darum, Fraue, nicht an. (1302)

 

* “Er ist nicht ganz ein Heide, des dürft ihr sicher sein:

Er war gar wohl bekehret, der liebe Herre mein,

Nur dass er zu den Heiden wieder übertrat:

Wollt ihr ihn minnen, Fraue, so wird dawider wohl Rat. (1303)

 

“Ihm dienen so viel Recken in der Christenheit,

Dass euch bei dem Könige nie widerfährt ein Leid;

Vielleicht mögt ihrs erlangen, dass er die Taufe wählt:

Drum wärt ihr wohl mit Ehren König Etzeln anvermählt.” (1304)

 

Da sprach ihr Bruder wieder: “Versprecht es, Schwester mein,

Und allen euern Kummer lasst in Zukunft sein.”

Da baten sie so lange, bis sie mit trübem Mut

Gelobte vor den Helden, Etzeln zu frein den König gut. (1305)

 

Sie sprach: “Ich will euch folgen, ich arme Königin!

Ich fahre zu den Heunen, wann es geschehe, hin,

So ich Freunde finde, die mich führen in das Land.”

Darauf bot vor den Helden die schöne Kriemhild die Hand. (1306)

 

Der Markgraf sprach: “Zwei Recken, die stehn in euerm Lehn;

Dazu hab ich noch manchen: So kann es wohl geschehn,

Dass wir euch mit Ehren bringen überrhein:

Ihr sollt nicht länger, Fraue, hier bei den Burgonden sein. (1307)

 

“Fünfhundert Mannen hab ich und der Freunde mein,

Die sollen euch zu Diensten hier und bei Etzeln sein,

Was ihr auch gebietet; ich selber steh euch bei

Und will michs nimmer schämen, mahnt ihr mich künftig meiner Treu. (1308)

 

Euer Pferdgeräte haltet euch bereit;

Was Rüdiger geraten wird euch nimmer leid;

Und sagt es euern Mägdlein, die ihr euch gesellt:

Uns begegnet unterweges mancher auserwählte Held.” (1309)

 

Sie hatte noch Geschmeide, um das zu Siegfrieds Zeit

Sie um die Wette ritten, dass sie mit mancher Maid

Mit Ehren reisen mochte, so sie wollt hindann.

Hei! Was man guter Sättel den schönen Frauen gewann! (1310)

 

Wenn sie je zum Feste trugen reich Gewand,

So war des zur Reise die Fülle nun zur Hand,

Weil ihnen von dem Könige so viel gerühmet ward;

Sie nahmen aus den Kisten was sie da lange gespart. (1311)

 

Sie waren sehr geschäftig wohl fünftehalben Tag;

Sie suchten aus der Lade soviel darinnen lag.

Ihre Kammer zu erschließen, hub da Kriemhild an;

Sie gedachte reich zu machen all die in Rüdigers Bann. (1312)

 

Sie hatten noch des Goldes vom Nibelungenland:

Das sollte bei den Heunen verteilen ihre Hand.

Es mochten hundert Mäuler es nicht von dannen tragen.

Die Märe hörte Hagen da von Kriemhilden sagen. (1313)

 

Er sprach: “Mir wird Kriemhilde doch nimmer wieder hold:

So muss auch hier verbleiben Siegfriedens Gold.

Wie ließ ich meinen Feinden wohl so großes Gut?

Ich weiß wohl was Kriemhilde mit diesem Schatzte noch tut: (1314)

 

Wenn sie ihn hinnen brächte, so weiß ich sicherlich,

Sie würd ihn nur verteilen zu werben wider mich.

Sie bat auch nicht die Rosse um ihn hinweg zu tragen;

Behalten will ihn Hagen, das soll man Kriemhilden sagen.” (1315)

 

Als sie vernahm die Märe, das schuf ihr grimme Pein.

Es ward auch den Königen kund allen drein;

Sie gedachten es zu wenden. Als das nicht geschah,

Wie sprach mit frohem Mute der edle Rüdiger da: (1316)

 

“Reiche Königstochter, was klagt ihr um das Gold?

Euch ist König Etzel so geneigt und hold,

Ersehn euch seine Augen, er gibt euch solchen Hort,

Dass ihr ihn nie verschwendet; das verbürgt euch mein Wort.” (1317)

 

Da sprach die Königswitwe: “Viel edler Rüdiger,

Nie eine Königstochter gewann der Schätze mehr

Als die deren Hagen mich ohne hat getan.”

Da kam ihr Bruder Gernot zu ihrer Kammer heran. (1318)

 

Er stieß des Königs Schlüssel gewaltsam in die Tür.

Frau Kriemhildens Schätze brachte man herfür,

An dreißigtausend Marken oder wohl noch mehr,

Dass es die Gäste nähmen: Des freute sich Gunther sehr. (1319)

 

Da sprach von Bechlaren der Gotelinde Mann:

“Und gehörten all die Schätze noch Kriemhilden an,

Die man jemals brachte von Nibelungenland,

Sie sollte nie berühren mein noch der Königin Hand (1320)

 

Lasst es aufbewahren, da ichs nicht haben mag:

Man führt uns noch von Hause so viel des meinen nach.

Wir mögens unterweges entraten wohl mit Fug:

Was auch die Reise koste, wir haben alles genug.” (1321)

 

Zu allen Zeiten hatten ihre Mägdelein

Des allerbesten Goldes, das irgend mochte sein,

Zwölf gefüllte Kisten: Das führten sie hindann,

Und viel der Frauenzierde, die man zur Reise gewann. (1322)

 

Die Macht des grimmen Hagen bedäuchte sie zu stark.

Des Opfergoldes hatte sie wohl noch tausend Mark;

Das gab sie für die Seele von ihrem lieben Mann.

Das däuchte Rüdigeren mit großer Treue getan. (1323)

 

Da sprach die reiche Königin: “Wo sind die Freunde mein,

Die meiner Liebe willen im Elend wollen sein?

Die sollen mit mir reiten in der Heunen Land:

Sie nehmen meines Goldes und kaufen Ross und Gewand.” (1324)

 

Da sprach zur Königstochter der Markgraf Eckewart:

“Seit ich als Ingesinde an euch gewiesen ward,

Hab ich euch immer treulich gedient,” sprach der Degen,

“Und will bis an mein Ende des Gleichen immer bei euch pflegen. (1325)

 

Ich will auch mit mir führen fünfhundert Mann,

Die biet ich euch zu Dienste mit rechten Treuen an:

Wir bleiben ungeschieden, es tu es denn der Tod.”

Der Rede dankt' ihm Kriemhild, es zwang sie wahrhafte Not. (1326)

 

Da brachte man die Rosse: Sie wollten aus dem Land.

Wohl huben an zu weinen die Freunde all zur Hand.

Ute die reiche und manche schöne Maid

Bezeigten, wie sie trugen um Frau Kriemhilde Leid. (1327)

 

Hundert reicher Mägdelein zogen in ihrer Schar;

Sie wurden so gekleidet wie's ihnen ziemend war.

Da fielen ihnen Tränen aus lichten Augen nieder;

Manche Freud erlebte sie auch bei König Etzel wieder. (1328)

 

Da kam der Herre Geiselher und auch Gerenot

Mit ihrem Heergesinde, wie ihnen Treu gebot:

Sie wollten ihre Schwester begleiten durch das Land;

Sie führten im Gefolge wohl tausend Degen auserkannt. (1329)

 

Da kam der schnelle Gere und auch Ortewein;

Rumolt der Küchenmeister, der ließ sie nicht allein.

Sie schufen ihr Herbergen bis an der Donau Strand;

Vor der Stadt schon hatte sich König Gunther gewandt. (1330)

 

Eh sie vom Rheine fuhren wurden vorausgesandt

Ihre schnellen Boten in der Heunen Land,

Dem Könige zu sagen, dass ihm Rüdiger

Zum Gemahl geworben die edle Königin hehr. (1331)

 

* Die Boten fuhren schnelle; Eil war ihnen Not

Um die große Ehre und das reiche Botenbrot.

Als sie mit ihren Mären waren heimgekommen,

Da hatte König Etzel so Liebes selten vernommen. (1332)

 

* Der lieben Märe willen ließ der König geben

Den Boten solche Gaben, dass sie wohl mochten leben

Immerdar in Freuden hernach bis an den Tod.

Mit Wonne war verschwunden des Königs Kummer und Not. (1333)

 

Abenteuer



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