Wie Siegfried beklagt und begraben ward 


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Wie Siegfried beklagt und begraben ward



 

Von großem Übermute mögt ihr nun hören sagen

Und grässlicher Rache. Bringen ließ Hagen

Den erschlagnen Siegfried von Nibelungenland

Vor eine Kemenate, worin sich Kriemhild befand. (1033)

 

Er ließ ihn ihr verstohlen legen vor die Tür,

Dass sie ihn finden müsste, wenn morgen sie herfür

Zu der Mette ginge lange vor dem Tag,

Deren Frau Kriemhilde wohl selten eine verlag. (1034)

 

Da hörte man wie immer zum Münster das Geläut:

Die schöne Kriemhilde weckte manche Maid.

Ein Licht hieß sie sich bringen und auch ihr Gewand;

Da kam der Kämmrer einer hin wo er Siegfrieden fand. (1035)

 

Er sah ihn rot von Blute, all sein Gewand war nass:

Dass sein Herr es wäre, mit Nichten wusst er das.

Da trug er in die Kammer das Licht in seiner Hand,

Bei dem Frau Kriemhilde die leide Märe befand. (1036)

 

Als sie mit ihren Frauen zur Kirche wollte gehn,

“Fraue,” sprach der Kämmrer, “ihr mögt noch stille stehn:

Es liegt vor dem Gemache ein Ritter tot geschlagen.”

“O weh,” sprach Kriemhilde, “was willst du solche Botschaft sagen?” (1037)

 

Eh sie noch selbst gesehen es sei ihr lieber Mann,

An die Frage Hagens zu denken sie begann,

Wie er ihn schützen möge: da ahnte sie ihr Leid.

Mit seinem Tod entsagte sie aller Lust und Fröhlichkeit. (1038)

 

Sie sank zu der Erden, kein Wort mehr sprach sie da;

Die schöne Freudenlose man da liegen sah.

Kriemhildens Jammer wurde groß und voll;

Sie schrie mit solchen Kräften, dass all die Kammer erscholl. (1039)

 

Da sprach das Gesinde: “Ists nicht ein fremder Mann?”

Das Blut ihr aus dem Munde vor Herzensjammer rann.

Sie sprach: “Nein, Siegfried ist es, mein geliebter Mann:

Brunhild hats geraten und Hagen hat es getan.” (1040)

 

Sie ließ sich hingeleiten wo sie den Helden fand,

Sein schönes Haupt erhob sie mit ihrer weißen Hand.

So rot er war von Blute, sie hatt ihn gleich erkannt:

Da lag zu großem Jammer der Held von Nibelungenland. (1041)

 

Da rief in Trauertönen die Königin mild:

“O weh mir dieses Leides! Nun ist dir doch dein Schild

Mit Schwertern nicht verhauen: Dich fällte Meuchelmord.

Wüsst ich wers vollbrachte, ich wollt es rächen immerfort.” (1042)

 

All ihr Ingesinde wehklagte laut und schrie

Mir seiner lieben Fraue; heftig schmerzte sie

Der Tod des edeln Herren, der da war verlorn.

Gar übel hatte Hagen gerochen Brunhildens Zorn. (1043)

 

Da sprach die Jammerhafte: “Nun mag einer gehn,

Und mir in Eile wecken die in Siegfrieds Lehn.

Ihr sollt auch Siegmunden meinen Jammer sagen,

Ob er mir helfen wolle den kühnen Siegfried beklagen.” (1044)

 

Da lief ein Bote balde wo er sie schlafen fand,

Siegfriedens Helden von Nibelungenland.

Mit seinen leiden Mären ihre Freud er ihnen nahm;

Sie wollten es nicht glauben, bis man das Weinen vernahm. (1045)

 

Dahin auch kam der Bote wo der König lag.

Siegmund der Herre keines Schlafes pflag:

Er fühlte wohl im Herzen voraus, was ihm geschehn

Und dass er Siegfrieden nimmer sollte wiedersehn. (1046)

 

“Wacht auf, König Siegmund, es hieß mich zu euch gehn

Kriemhilde, meine Fraue: Der ist ein Leid geschehn,

Das ihr vor allen Leiden wohl das Herz versehrt;

Das sollt ihr klagen helfen, da es auch euch widerfährt.” (1047)

 

Auf richtete sich Siegmund: “Was ist es, was sie klagt,

Die schöne Kriemhilde, das Leid, das du gesagt?”

Da sprach der Bote weinend: “Ich muss es euch wohl sagen:

Es liegt von Niederlanden der kühne Siegfried erschlagen.” (1048)

 

Da sprach König Siegmund: “Lasst das Scherzen sein,

Und so böse Märe, bei der Liebe mein!

Und sagt es niemand wieder, dass er sei erschlagen,

Denn ich konnt es nie genug bis an mein Ende beklagen.” (1049)

 

“Wollt ihr mir nicht glauben, was ich euch gesagt,

So mögt ihr selber hören wie Kriemhilde klagt,

Und all ihr Ingesinde um Siegfriedens Tor.”

Gar sehr erschrak da Siegmund, es schuf ihm wahrhafte Not. (1050)

 

Mit hundert seiner Mannen er von dem Bette sprang.

Sie zuckten zu den Händen die scharfen Waffen lang;

Zu dem Wehruf liefen sie jammersvoll heran.

Da kamen tausend Recken in des kühnen Siegfried Bann. (1051)

 

Wo sie in Jammerlauten die Frauen hörten klagen:

Da meint' ein Teil, sie müssten doch billig Kleider tragen.

Wohl mochten sie vor Jammer der Sinne Macht nicht haben:

Es lag eine große Schwere in ihrem Herzen begraben. (1052)

 

Da kam der König Siegmund hin wo er Kriemhild fand.

Er sprach: “O weh der Reise hieher in dieses Land!

Wer hat euch euern Gatten, wer hat mir selbst mein Kind

So mörderisch entrissen, wenn wir bei guten Freunden sind?” (1053)

 

“Wenn ich den nur kennte,” sprach die Königin,

“Hold würd ihm nimmer mein Herz noch mein Sinn:

Ich wollt es so vergelten, dass all die Freunde sein

Um meinetwillen sollten in währender Klage sein.” (1054)

 

Siegmund der König den Fürsten umschloss;

Da ward von seinen Freunden der Jammer also groß,

Dass von dem starken Wehruf Pallas und Saal

Und die Stadt zu Wormes rings erscholl im Wiederhall. (1055)

 

Da konnte niemand trösten Siegfriedens Weib.

Man zog aus den Kleidern seinen schönen Leib,

Man wusch ihm seine Wunde und legt' ihn auf die Bahr;

Wie weh vor großem Jammer seinen Leuten da war! (1056)

 

Da sprachen seine Recken aus Nibelungenland:

“Immer ihn zu rächen ist willig unsre Hand.

Er ist in diesem Hause der es hat getan.”

Da eilten sich zu waffnen die Degen in Siegfrieds Bann. (1057)

 

Die Auserwählten kamen mit ihren Schilden her,

Elfhundert Recken; die hatt in seinem Heer

Siegmund der Reiche: Seines Sohnes Tod

Hätt er gern gerochen, wie seine Treue das gebot. (1058)

 

Sie wussten nicht, mit wem sie zu streiten sollten gehn,

Wenn es nicht Gunther wäre und die in seinem Lehn,

Mit welchen Herr Siegfried zur Jagd ritt jenen Tag.

Kriemhild sah sie gewaffnet: Das war ihr ander Ungemach. (1059)

 

Wie groß auch war ihr Jammer, wie stark auch ihre Not,

Sie besorgte doch so heftig der Nibelungen Tod

Von ihrer Brüder Mannen, dass sie dawider sprach:

Sie warnten sie in Liebe, wie immer Freund mit Freunden pflag. (1060)

 

Da sprach die Jammersreiche: “Mein König Siegmund,

Was wollt ihr beginnen? Euch ist wohl nicht kund:

Es hat der König Gunther so manchen kühnen Mann:

Ihr wollt euch all verderben, greift ihr diese Recken an.” (1061)

 

Mit aufgehobnen Schwerten tat ihnen Streiten Not.

Die edle Königstochter, sie hat und auch gebot

Dass es meiden sollten die Recken allbereit:

Sie wollten es nicht lassen: Das war ihr gar ein Herzeleid. (1062)

 

Sie sprach: “Mein König Siegmund, steht damit noch an,

Bis es sich besser füget: So will ich meinen Mann

Euch immer rächen helfen. Der mir ihn hat benommen,

Wird er mir bewiesen, dem muss es noch zu Schaden kommen. (1063)

 

“Es sind der Übermütigen hier am Rheine viel,

Dass ich euch zum Streite jetzt nicht raten will:

Sie haben wider einen wohl an dreißig Mann;

Mög ihnen Gott vergelten was sie uns haben getan. (1064)

 

“Bleibet hier im Hause und tragt mit mir das Leid

Bis es beginnt zu tagen, ihr Helden allbereit:

Dann helft ihr mir besargen meinen lieben Mann.”

Da sprachen die Degen: “Liebe Frau, das sei getan.” (1065)

 

Es könnt euch des Wunders ein Ende Niemand sagen,

Die Ritter und die Frauen, wie man sie hörte klagen

Bis man des Jammerrufes ward in der Stadt gewahr.

Die edeln Bürgersleute eilten sich und kamen dar. (1066)

 

Sie klagten mit den Gästen, sie schmerzte der Verlust.

Was Siegfried verbrochen war ihnen unbewusst,

Weshalb der edle Recke Leben ließ und Leib.

Da weinte mit den Frauen manchen guten Bürgers Weib. (1067)

 

Schmiede hieß man eilen und schaffen einen Sarg

Von Silber und von Golde, mächtig und stark,

Und hieß ihn wohl beschlagen mit Stahle, der war gut.

Da war allen Leuten gar sehr beschweret der Mut. (1068)

 

Die Nacht war vergangen, man sagt', es wollte tagen:

Da ließ die edle Fraue zu dem Münster tragen

Siegfried den Herren, ihren lieben Mann.

Mit ihr gingen weinend was sie der Freunde gewann. (1069)

 

Da sie zum Münster kamen, wie manche Glocke klang!

Man hörte allenthalben manchen Pfaffen Sang.

Da kam der König Gunther herzu mit seinem Bann

Und auch der grimme Hagen: Sie hättens klüger nicht getan. (1070)

 

Er sprach: “Liebe Schwester, o weh des Leides dein,

Dass wir nicht ledig mögen so großen Schadens sein!

Wir müssen immer klagen um Siegfriedens Leib.”

“Daran tut ihr Unrecht,” sprach das jammerhafte Weib. (1071)

 

“Wenn euch das betrübte, so wär es nicht geschehn.

Ihr hattet mein vergessen, das muss ich wohl gestehn,

Als ich geschieden wurde, von meinem lieben Mann.

Wollte Gott vom Himmel, ihr hättet mir das getan.” (1072)

 

Sie hielten sich am Leugnen. Kriemhilde da begann:

Wer unschuldig sein will, leicht ist es dargetan,

Er darf nur zu der Bahre hier vor dem Volke gehn:

Da mag man gleich zur Stelle sich der Wahrheit versehn. (1073)

 

Das ist ein großes Wunder, wie es noch oft geschieht,

Wenn man den Mordbefleckten bei dem Toten sieht,

So bluten ihm die Wunden, wie es auch jetzt geschah;

Daher man nun der Untat sich zu Hagen versah. (1074)

 

Die Wunden flossen wieder so stark als je vorher.

Die erst so heftig klagten, die weinten nun noch mehr.

Da sprach König Gunther: “Nun hört die Wahrheit an:

Ihn erschlugen Schächer: Hagen hat es nicht getan.” (1075)

 

“Mir sind diese Schächer,” sprach sie, “wohl bekannt:

Nun lass es Gott noch rächen von seiner Freunde Hand!

Gunther und Hagen, ihr habt es wohl getan.”

Da wollten wieder streiten die Degen in Siegfrieds Bann. (1076)

 

Da sprach aber Kriemhild: “Ertragt mit mir die Not.”

Da kamen auch die beiden, wo sie ihn fanden tot,

Gernot ihr Bruder und Geiselher das Kind:

Sie beklagten ihn in Wahrheit; ihr Augen wurden tränenblind. (1077)

 

Da weinten sie von Herzen um Kriemhildens Mann.

Man wollte Messe singen. Zum Münster heran

Gingen allenthalben, beides, Mann und Weib.

Die ihn doch leicht verschmerzten, weinten um Siegfrieds Leib. (1078)

 

Geiselher und Gernot, die sprachen: “Schwester mein,

Nun tröste dich des Todes, es muss nun also sein;

Wir wollen dirs ersetzen so lange wir leben.”

Da wusst ihr doch niemand auf Erden Trostes zu geben. (1079)

 

Sein Sarg war geschmiedet wohl um den hohen Tag;

Man hob ihn von der Bahre, worauf der Tote lag.

Da wollt ihn noch die Fraue nicht lassen begraben:

Drob mussten alle Leute großen Kummer noch haben. (1080)

 

In kostbare Zeuge man den Toten wand.

Gewiss dass man da niemand ohne Tränen fand.

Da klagt' aus vollem Herzen Ute das edle Weib,

Und all ihr Ingesinde um Siegfrieds herrlichen Leib. (1081)

 

Als das Volk vernommen, dass man im Münster sang

Und ihn besargt hatte, da hob sich großer Drang;

Um seiner Seele willen was man da Opfer trug!

Er hatte bei den Feinden doch guter Freunde genug. (1082)

 

Kriemhild die arme zu den Kämmerlingen sprach:

“Ihr sollt um meinetwillen leiden Ungemach:

Die ihm Gutes gönnen und mir blieben hold,

Um Siegfriedens Seele verteilt an diese sein Gold.” (1083)

 

Da war kein Kind so kleine, mocht es Verstand nur haben

Das nicht zum Opfer ginge eh er ward begraben.

Wohl an hundert Messen man des Tages sang;

Von Siegfriedens Freunden hob sich da mächtiger Drang, (1084)

 

Als die gesungen waren verlief die Menge sich

Da sprach Frau Kriemhilde: “Ihr sollt nicht einsam mich

Heunt bewachen lassen den auserwählten Degen:

Es ist an seinem Leibe all meine Freude gelegen. (1085)

 

“Drei Tag und drei Nächte will ich verwachen dran,

Bis ich mich ersättige an meinem lieben Mann.

Vielleicht dass Gott gebietet, dass mich auch rafft der Tod:

So wäre wohl beendet der armen Kriemhilde Not.” (1086)

 

Zu den Herbergen gingen die Leute von der Stadt

Die Pfaffen und die Mönche sie zu verweilen bat

Und all das Ingesinde, das des Helden pflag:

Sie hatten üble Nächte und gar mühselgen Tag. (1087)

 

Ohne Trank und Speise verblieb da mancher Mann

Wers nicht gern entbehrte, dem ward kundgetan,

Man gäb ihm gern die Fülle: Das schuf Herr Siegemund.

Da ward den Nibelungen große Beschwerde kund. (1088)

 

* In diesen drei Tagen, so hörten wir sagen,

Mussten mit Kriemhilden viel Beschwerde tragen

Die da singen konnten: Was man der Opfer trug!

Die eben arm gewesen, die wurden nun reich genug. (1089)

 

Was man fand der Armen, die wenig mochten haben,

Die ließ sie mit dem Golde bringen Opfergaben

Aus ihrer eignen Kammer: Er durfte nicht mehr leben,

Da ward um seine Seele manches Tausend Mark gegeben. (1090)

 

Urbarer Erde Güter verteilte sie im Land,

So viel man da der Klöster und guter Leute fand.

Den Armen gab man Silber und Gewand genug.

Sie ließ es wohl erkennen wie holde Liebe sie ihm trug. (1091)

 

An dem dritten Morgen zur rechten Messezeit

Sah man bei dem Münster den ganzen Kirchhof weit

Von des Volkes Weinen und Klagen also voll:

Sie dienten ihm im Tode wie man lieben Freunden soll. (1092)

 

In diesen vier Tagen, so hörten wir die Mär,

An dreißigtausend Marken oder gar noch mehr

Ward um seine Seele den Armen hingegeben.

Indes war gar zerronnen seine Schöne wie sein Leben. (1093)

 

Als der Dienst beendet, verhallt war der Gesang,

Mit ungestümen Leide des Volkes Menge rang.

Man ließ ihn aus dem Münster zu dem Grabe tragen:

Da hörte man nichts anders als ein Weinen und ein Klagen. (1094)

 

Mit lautem Wehrufe schloss das Volk sich an:

Froh war da niemand, weder Weib noch Mann.

Eh er bestattet wurde las und sang man da:

Hei! Was man guter Pfaffen bei seinem Begräbnis sah! (1095)

 

Bevor da kam zum Grabe Siegfriedens Weib,

Da rang mit solchem Jammer ihr getreuer Leib,

Dass man sie aus dem Brunnen mit Wasser oft begoss:

Ihre Herzenschwere war über die Maßen groß. (1096)

 

Es war ein großes Wunder, dass sie gesund entkam,

Es halfen ihr mit Klagen viel Frauen lobesam.

Da sprach die Königswitwe: “Ihr in Siegfrieds Lehn,

Ihr sollt bei eurer Treue an mir Genade begehn. (1097)

 

“Lasst mir nach meinem Leide eine kleine Gunst geschehn,

Dass ich sein schönes Angesicht noch einmal möge sehn.”

Sie bat mit Jammerssinnen so lang und so stark,

Dass man zerbrechen musste den schön geschmiedeten Sarg. (1098)

 

Da brachte man die Fraue, wo sie ihn liegen fand:

Sie erhob sein schönes Angesicht mit ihrer weißen Hand

Und küsste so den Toten, den edeln Ritter gut:

Ihre lichten Augen vor Leide weinten sie Blut. (1099)

 

Ein jammervolles Scheiden sah man da geschehn.

Da trug man sie von dannen, sie vermochte nicht zu gehn.

Da fand man ohne Sinne das herrliche Weib:

Vor Leide wollt ersterben ihr viel wonniglicher Leib. (1100)

 

Als der edle Degen also begraben war,

Sah man in großem Leide die Helden immerdar,

Die mit ihm hergezogen von Nibelungenland:

Fröhlich gar selten man da Siegmunden fand. (1101)

 

Wohl mancher war darunter, der drei Tage lang

Vor dem großen Leide weder aß noch trank:

Da konnten sie's nicht länger dem Leib entziehen mehr:

Sie genasen von den Schmerzen, wie wohl noch mancher seither. (1102)

 

* Kriemhild der Sinne ledig in Ohnmächten lag

Den Tag und den Abend bis an den andern Tag.

Was jemand sprechen mochte, es ward ihr gar nicht kund;

Es lag in gleichen Nöten auch der König Siegemund. (1103)

 

* Kaum dass ihn zur Besinnung zu bringen noch gelang.

Seine Kräfte waren von starkem Leide krank,

Das war wohl kein Wunder. Da sprach zu ihm sein Bann:

“Herr, ihr sollt zur Heimat: Uns duldets hier nicht mehr fortan.” (1104)

 

Abenteuer

Wie Siegmund heimkehrte

 

Der Schwäher Kriemhildens ging hin wo er sie fand:

Da sprach er zu der Königin: “Lasst uns in unser Land:

Wir sind unliebe Gäste, wähn ich, hier am Rhein.

Kriemhild, liebe Fraue, nun folgt uns zu dem Lande mein. (1105)

 

“Dass man in diesen Landen uns so beraubet hat

Eures edeln Mannes durch böslichen Verrat,

Ihr sollt es nicht entgelten: Getreu will ich euch sein.

Aus Liebe meines Sohnes und des edeln Kindes sein. (1106)

 

Ihr sollt auch, Fraue, herrschen mit aller der Gewalt,

Die Siegfried euch verliehen, der Degen wohlgestalt.

Das Land und auch die Krone sei euch untertan:

Euch sollen gerne dienen die Degen in Siegfrieds Bann.” (1107)

 

Dass man reiten wollte, den Knechten wards gesagt:

Da sah man nach den Rossen eine schnelle Jagd;

Sie mochten ungern leben in der starken Feinde Land.

Fraun und Maide suchten hervor ihr Reisegewand. (1108)

 

Als König Siegmund gerne wäre weg geritten,

Da begann Kriemhilden die Mutter zu bitten,

Sie sollte bei den Freunden im Lande doch bestehn.

Da sprach die Freudenarme: “Das kann schwerlich geschehn: (1109)

 

Wie vermöcht ichs, mit den Augen den immer anzusehn,

Von dem mir armen Weibe so großes Leid geschehn?”

Da sprach der junge Geiselher: “Liebe Schwester mein,

Du sollst bei deiner Treue hier bei deiner Mutter sein. (1110)

 

Die dir das Herz beschwerten und trübten deinen Mut,

Du bedarfst nicht ihrer Dienste, du zehrst von meinem Gut.”

Sie sprach zu dem Recken: “Das kann ja nicht geschehn:

Vor Leide müsst ich sterben, wenn ich Hagen sollte sehn.” (1111)

 

“Der soll dir nicht begegnen, viel liebe Schwester mein.

Du sollst bei Geiselheren, deinem Bruder sein;

Ich will die wohl vergüten deines Mannes Tod.”

Da sprach die Freudenarme: “Das täte Kriemhilden Not.” (1112)

 

Als er ihr der Junge so gütlich erbot,

Da begannen auch zu flehen Ute und Gernot

Und ihre treuen Freunde, sie möchte da bestehn:

Sie habe wenig Sippen unter Siegfriedens Lehn. (1113)

 

“Sie sind euch alle fremde;” sprach da Gernot,

“Wie stark auch einer gelte, so rafft ihn doch der Tod.

Bedenkt das, liebe Schwester und tröstet euern Mut:

Bleibt hier bei euern Freunden, es gerät euch sicher gut.” (1114)

 

Sie gelobt' es Geiselheren, sie wolle da bestehn.

Da brachte man die Rosse denen in Siegmunds Lohn,

Als sie reiten wollten nach Nibelungenland;

Da war auch aufgesäumt der Recken Zeuch und Gewand. (1115)

 

Da ging König Siegmund vor Kriemhilde stehn

Und sprach zu der Fraue: “Die in Siegfrieds Lehn

Warten bei den Rossen: Reiten wir denn hin,

Da ich gar so ungern hier bei den Burgonden bin.” (1116)

 

Da sprach Frau Kriemhilde: “Mir raten Freunde mein,

Die besten die ich habe, bei ihnen soll ich sein.

Ich habe wenig Freunde in Nibelungenland.”

Leid tat es Siegmunden, da ers an Kriemhilden fand. (1117)

 

Da sprach König Siegmund: Das lasst euch niemand sagen:

Vor allen meinen Freunden sollt ihr die Krone tragen

Nach rechter Königswürde, wie ihr sonst getan:

Ihr sollt es nicht entgelten, dass ihr verloren habt den Mann. (1118)

 

“Fahrt auch mit uns zur Heimat um euer Kindelein:

Das sollt ihr keine Waise, Fraue, lassen sein.

Ist euer Sohn erwachsen, der tröstet euch den Mut;

Derweilen soll euch dienen mancher Degen kühn und gut.” (1119)

 

Da sprach sie: “Herr Siegmund, ich kann nicht mit euch gehn,

Ich muss hier verbleiben, mag was da will geschehn,

Bei meinen Anverwandten, die mir helfen klagen.”

Da wollten diese Mären den guten Recken nicht behagen. (1120)

 

Sie sprachen einhellig: “So möchten wir gestehn,

Es sei in dieser Stunde uns erst ein Leid geschehn.

Wollt ihr nun hier im Lande bei unsern Feinden sein,

So könnte Heiden niemals eine Hoffahrt übler gedeihn.” (1121)

 

“Ihr sollt ohne Sorge Gott befohlen fahren:

Man gibt euch gut Geleite, ich lass euch wohl bewahren

Bis zu euerm Lande; mein liebes Kindelein,

Das soll euch guten Recken auf Gnade befohlen sein.” (1122)

 

Als sie das recht vernahmen, sie wolle nicht von dann,

Da weinten all die Degen in Siegmundens Bann.

Mit welchem Herzensjammer nahm da Siegmund

Urlaub von Kriemhilden! Da ward ihm Unfreude kund. (1123)

 

“Weh dieses Hofgelages!”, sprach der König hehr:

“Einem Fürsten und den seinen geschieht wohl nimmermehr

Einer Kurzweil willen, was uns hier ist geschehn:

Man soll uns nimmer wieder hier bei den Burgonden sehn.” (1124)

 

Da sprachen laut die Degen in Siegfriedens Lehn:

“Wohl möchte noch die Reise in dieses Land geschehn,

Wenn wir den nur fänden, der uns den Herrn erschlug:

Sie haben starker Feinde bei seinen Freunden genug.” (1125)

 

Er küsste Kriemhilden; jammernd sprach er da,

Als er daheim zu bleiben sie so entschlossen sah:

“Wir reiten arm an Freuden nun heim in unser Land.

Alle meine Sorgen sind wir erst jetzo bekannt.” (1126)

 

Sie ritten ungeleitet von Wormes überrhein.

Sie mochten voll Vertrauens in ihrem Mute sein.

Würden sie von jemand in Feindschaft angerannt,

Dass sich wohl wehren sollte der kühnen Nibelungen Hand. (1127)

 

Sie beurlaubten bei niemanden sich.

Da sah man Geiselheren und Gernot minniglich

Zu dem Degen kommen; ihnen war sein Schade leid:

Das ließen ihn wohl schauen die kühnen Helden allbereit. (1128)

 

Da sprach wohl gezogen zu ihm Herr Gerenot:

“Wohl weiß es Gott im Himmel, an Siegfriedens Tod

Bin ich ganz unschuldig: Ich hört auch niemals sagen,

Wer ihm feind hier wäre: Ich muss ihn billig beklagen.” (1129)

 

Da gab ihm gut Geleite Geiselher das Kind.

Da bracht er ohne Sorgen, die sonst bei Leide sind,

Den König und die Recken heim nach Niederland;

Wie wenig der Verwandten man dort fröhlich wieder fand! (1130)

 

Wie's ihnen nun ergangen, weiß ich nicht zu sagen

Man hörte Kriemhilden zu allen Zeiten klagen,

Dass ihr Niemand tröstete das Herz noch den Mut,

Außer Geiselheren; der war getreu und auch gut. (1131)

 

Brunhild die schöne des Übermutes pflag:

Wie viel Kriemhilde weinte, was fragte sie darnach!

Sie war zu Lieb und Treue ihr nimmermehr bereit:

Bald schuf auch ihr Kriemhilde noch viel schweres Herzeleid. (1132)

 

Abenteuer



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