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Wie Siegfried nach Worms gesandt ward

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Da sie gefahren waren volle neun Tage,

Da sprach von Tronje Hagen: “Nun höret, was ich sage:

Wir säumen mit der Kunde nach Wormes an den Rhein;

Nun sollten eure Boten schon bei den Burgonden sein.” (545)

 

Da sprach König Gunther: “Wohl sprecht ihr recht daran;

Auch hätt uns wohl niemand die Fahrt so gern getan

Als ihr Freund Hagen selber: so reitet in mein Land;

Unsre Hofreise macht niemand besser dort bekannt.” (546)

 

* Zur Antwort gab da Hagen: “Ich bin kein Bote gut:

Lasst mich der Kammer pflegen; bleiben auf der Flut

Will ich bei den Frauen und hüten ihr Gewand,

Bis dass wir sie bringen in der Burgonden Land. (547)

 

“Nein, bittet Siegfrieden um diese Botschaft,

Der mag sie wohl verrichten mit tugendreicher Kraft.

Versagt er euch die Reise, ihr sollt mit guten Sitten

Bei eurer Schwester Liebe um die Fahrt ihn freundlich bitten.” (548)

 

Er sandte zu dem Recken; der kam als man ihn fand.

Er sprach zu ihm: “Wir nahen uns wieder meinem Land;

Da sollt ich Boten senden der leiben Schwester mein,

Und auch meiner Mutter, dass wir kommen an den Rhein. (549)

 

* “Von euch begehr ich, Siegfried, dass ihr die Reise tut,

Ich wills euch immer danken,” so sprach der Degen gut.

Da weigerte sich Siegfried, der hochbeherzte Mann

Bis ihn König Gunther sehr zu bitten begann. (550)

 

Er sprach: “Ihr sollt reiten um den Willen mein,

Und auch um Kriemhilde, das schöne Mägdelein,

Dass es mit mir verdiene die herrliche Maid.”

Als Siegfried das hörte, da war der Recke bald bereit. (551)

 

“Entbietet, was ihr wollet, es soll verkündet sein:

Ich will es gerne leisten um das schöne Mägdelein.

Die ich im Herzen trage, verzichtet ich auf die?

Leisten will ich alles, was ihr gebietet, um sie.” (552)

 

“So saget Frau Uten, der reichen Königin,

Dass ich auf dieser Reise hohes Mutes bin.

Wie wir geworben haben sagt meinen Brüdern an;

Auch unsern Freunden werde diese Märe kund getan. (553)

 

Auch sollt ihr nichts verschweigen der schönen Schwester mein,

Ich will ihr mit Brunhilden stets zu Diensten sein;

So sagt auch dem Gesinde und allem meinem Bann:

Was je mein Herz sich wünschte, dass ich das Alles gewann. (554)

 

Und saget Orteweinen, dem lieben Neffen mein,

Dass er Gestühl errichten lasse bei dem Rhein;

Und meinen Vettern allen sei es kund getan,

Ich stelle mit Brunhilden eine große Hochzeit an. (555)

 

Und saget meiner Schwester, werd ihr das bekannt,

Dass ich mit meinen Gästen gekommen sei ins Land,

Dass sie dann wohl empfange die liebe Traute mein:

Dafür will ich Kriemhilden immerdar gewogen sein.” (556)

 

Da bat bei Brunhilden und ihrem Ingesind

Bald um seinen Urlaub Siegfried, Siegmunds Kind,

Wie ihm das wohl geziemte; da ritt er an den Rhein.

Es konnt auf dieser Erden ein bessrer Bote nicht sein. (557)

 

Mit vierundzwanzig Recken kam er zu Wormes an:

Der König war nicht drunter: das wurde kundgetan.

Da mühte das Gesinde sich in Jammers Not,

Besorgt, dass dort der König gefunden habe den Tod. (558)

 

Sie stiegen von den Rossen und trugen hohen Mut:

Da kam alsbald Herr Geiselher, der junge König gut,

Und Gernot, sein Bruder: wie hurtig sprach er da,

Als er den König Gunther nicht bei Siegfrieden sah: (559)

 

“Willkommen, Herr Siegfried, ich bitte, sagt mir an:

Wo habt ihr meinen Bruder den König hingetan?

Brunhildens Stärke, fürcht ich, hat ihn uns benommen:

Ihre hohe Minne wäre uns sehr zu Schaden gekommen.” (560)

 

“Die Sorge lasset fahren: Euch und den Freunden sein

Entbietet seine Dienste der Heergeselle mein:

Ich verließ ihn wohl geborgen; er hat mich euch gesandt,

Dass ich sein Bote würde, mit Mären her in euer Land. (561)

 

“Nun helfet mir es fügen, wie es auch gescheh,

Dass ich die Köngin Ute und eure Schwester seh:

Die soll ich hören lassen, was ihnen zu wissen tut

Gunther und Brunhilde: Um die Beiden steht es gut.” (562)

 

Da sprach der junge Geiselher: “So sprecht bei ihnen an,

Da habt ihr meiner Schwester einen Liebesdienst getan.

Sie trägt noch große Sorge um den Bruder mein;

Das Mägdlein seiht euch gerne: des will ich euch Bürge sein.” (563)

 

Da sprach der Degen Siegfried: “Wo ich ihr dienen kann,

Das soll immer treulich und willig sein getan.

Wer sagt nun dass ich komme den beiden Frauen an?”

Des wurde Bote Geiselher, dieser waidliche Mann. (564)

 

Geiselher der junge sprach zu der Mutter da,

Und auch zu seiner Schwester, als er die beiden sah:

“Siegfried ist gekommen, der Held aus Niederland,

Ihn hat mein Bruder Gunther her zu dem Rheine gesandt. (565)

 

“Er bringt uns die Kunde, wie's um den König steht;

Nun mögt ihr ihm erlauben, dass er zu Hofe geht:

Er bringt die rechten Mären uns her von Isenland.”

Noch war den edlen Frauen große Sorge nicht gewandt. (566)

 

Sie sprangen nach dem Staate und kleideten sich drei

Und luden Siegfrieden nach Hof zu kommen ein.

Das tat der Degen williglich, weil er sie gerne sah.

Kriemhild die edle sprach zu ihm in Güte da: (567)

 

“Willkommen, Herr Siegfried, ein Ritter ohne Gleich:

Wo ist mein Bruder Gunther, der edle König reich?

Durch Brunhilds Stärke, fürcht ich, ist er uns verloren:

O weh mir armen Mägdelein, dass ich jemals ward geboren!” (568)

 

Da sprach der kühne Ritter: “Gebt mir Botenbrot,

Ihr viel schönen Frauen weinet ohne Not.

Ich verließ ihn wohl geborgen: Das tu ich euch bekannt;

Sie haben mich euch Beiden mit der Märe hergesandt. (569)

 

“Mit freundlicher Liebe, viel edle Königin mein,

Entbeut euch seine Dienste er und die Traute sein:

Nun lasset euer Weinen, sie wollen balde kommen.”

Sie hatten lange Tage so liebe Märe nicht vernommen. (570)

 

* Mit schneeweißem Kleide aus Augen wohlgetan

Wischte sie die Tränen; zu danken hub sie an

Dem Boten dieser Märe, die da war gekommen;

Da war ihr große Trauer und auch ihr Weinen benommen. (571)

 

Sie hieß den Boten sitzen: Des war er gern bereit.

Da sprach die Minnigliche: “Es wäre mir nicht leid,

Wenn ich euch geben dürfte zum Botenlohn mein Gold:

Dazu seid ihr zu vornehm: so bleib ich sonst denn euch hold.” (572)

 

“Und würden dreißig Lande,” sprach er, “mein genannt,

So empfing' ich doch gerne Gab aus eurer Hand.”

Da sprach die Tugendliche: “So soll es denn geschehn.”

Da ließ sie ihren Kämmerer nach dem Botenlohne gehen. (573)

 

Vierundzwanzig Spangen mit Edelsteinen gut

Gab sie ihm zum Lohne. So stund des Helden Mut:

Er wollt es nicht behalten; er gab es unverwandt

Ihren schönen Maidern, die er in der Kammer fand. (574)

 

Die Mutter bot ihm gütlich ihre Dienste an.

“Ich will euch mehr berichten,” sprach der kühne Mann,

“Um was der König bittet, gelangt er an den Rhein.

Wenn ihr das, Fraue, leistet, er will euch stets gewogen sein. (575)

 

“Seine reichen Gäste, hört ich ihn begehren,

Sollt ihr wohl empfangen und sollt ihn des gewähren,

Entgegen ihm zu reiten vor Wormes ans Gestad.

Das ists warum der König mit allen Treuen euch bat.” (576)

 

“Das will ich gern vollbringen,” sprach die schöne Magd:

“Worin ich ihm kann dienen, das ist ihm unversagt.

Mit freundlicher Treue sei all sein Wunsch getan.”

Da mehrte sich die Farbe, die sie vor Liebe gewann. (577)

 

Nie sah man eines Fürsten Boten so wohl empfan:

Wenn sie ihn küssen durfte, sie hätt es gern getan;

Minniglich er anders doch von der Frauen schied.

Da taten die Burgonden wie der Bote ihnen riet. (578)

 

* Sindolt und Haunolt und Rumolt der Degen,

Großer Unmuße mussten sie da pflegen,

Als sie die Sitze richteten vor Wormes an dem Stand:

Die Schaffner des Königs man sehr beflissen da fand. (579)

 

* Ortewein und Gere säumten auch nicht mehr,

Sie sandten nach den Freunden allwärts umher,

Die Hochzeit zu verkünden, die da sollte sein;

Der zierten sich entgegen die viel schönen Mägdelein. (580)

 

Der Pallas und die Wände waren überall

Verziert der Gäste wegen; König Gunthers Saal

Wurde wohl gezimmert durch manchen fremden Mann;

Das große Hofgelage mit hohen Freuden begann. (581)

 

Da ritten allenthalben die Wege durch das Land

Der drei Könge Freunde; die hatte man besandt,

Dass sie empfangen helfen die da sollten kommen:

Da wurden aus der Lade reicher Zeuche viel genommen. (582)

 

Da brachte man die Kunde, dass man schon reiten sah

Brunhildens Heergesellen: Gedränge gab es da

Von des Volkes Menge in Burgondenland.

Hei! Was man kühner Degen da zu beiden Seiten fand! (583)

 

* Da sprach die schöne Kriemhild: “Ihr meine Mägdelein,

Die nun bei dem Empfange mit mir wollen sein,

Die suchen aus den Kisten ihr allerbest Gewand:

So wird uns Lob und Ehre von den Gästen zuerkannt.” (584)

 

Da kamen auch die Recken, die ließen tragen dar

Herrliche Sättel, von rotem Golde klar,

Dass drauf die Frauen ritten von Wormes an den Rhein:

Besser Pferdgeräte konnte wohl nimmer sein. (585)

 

Wie warf da von den Mähren das lichte Gold den Schein!

Es glänzte von den Zäumen mancher Edelstein;

Die goldnen Sattelschemel auf lichten Zeugen gut

Brachte man den Frauen; sie hatten fröhlichen Mut. (586)

 

* Die Frauenpferde standen auf dem Hof bereit,

Wie ich euch schon bekannte, für manche edle Maid;

Sie schmalen Brustriemen sah man die Mähren tragen

Von der besten Seide, davon man jemals hörte sagen. (587)

 

Sechsundachtzig Frauen zogen da heran,

Die Kopfbinden trugen; zu Kriemhilden dann

Kamen die Schönen in ihrem reichen Kleid;

Da kam auch wohl gezieret gar manche waidliche Maid. (588)

 

* Fünfzig und Viere aus Burgondenland:

Das waren auch die Besten, die man irgend fand;

Die sah man gelblockig unter lichten Borten gehn.

Was gewünscht der König, das sah er fleißig geschehn. (589)

 

Sie trugen reiche Zeuche, die besten die man fand,

Vor den fremden Rittern, und herrliches Gewand;

Zu ihrer schönen Farbe stand es ihnen gut:

Wer einer abhold wäre, litte wohl an schwachem Mut. (590)

 

Von Hermelin und Zobel viel Kleider man da fand.

Da schmückte sich gar manche den Arm und auch die Hand

Mit Spangen auf der Seide, die sie sollten tragen;

Es könnt euch dies Befleißen zu Ende wohl niemand sagen. (591)

 

Viel Gürtel kunstgeschaffen, kostbar und lang,

Über lichte Kleider die Hand der Frauen schwang

Um edle Ferransröcke von Zeuch aus Arabia.

Voll hoher Freude waren die edeln Jungfrauen da. (592)

 

Es ward in Brustgeschmeide manche schöne Maid

Gar minniglich geschnüret. Die mochte tragen Leid,

Deren lichte Farbe das Zeuch nicht überschien.

So schönes Ingesinde hat nun keine Königin. (593)

 

Als die Minniglichen nun trugen ihr Gewand,

Die sie da führen sollten, die kamen unverwandt,

Der hochgemuten Recken eine große Zahl daher:

Man trug auch dar viel Schilde und manchen eschenen Speer. (594)

 

Abenteuer



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