Die politischen Parteien der Ukraine vor den Parlamentswahlen 


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Die politischen Parteien der Ukraine vor den Parlamentswahlen



 

 

Max Bader

20 Jahre nach der Unabhängigkeit ist das Parteiensystem in der Ukraine nach wie vor instabil. Die jüngsten Verfassungs- undWahlrechtsänderungen sowie die politische Korruption und die Abhängigkeit der Parteien von Sponsoren haben dies noch verstärkt. Ein Ende der Unbeständigkeit des Parteiensystems ist nicht in Sicht. Auch zwanzig Jahre nach der Unabhängigkeit hat sich in der Ukraine kein stabiles Parteiensystem herausgebildet, in dem die Parteien einem mehr oder weniger vorhersagbaren Muster folgend wiederholt bei Wahlen antreten würden. Ein halbes Jahr vor den ersten nationalen Parlamentswahlen unter Präsident Wiktor Janukowytsch scheint das Parteiensystem so weit wie nie von einer Institutionalisierung entfernt zu sein. Die wachsende Unbeständigkeit resultiert aus dem Zusammenspiel zwischen den politischen Entwicklungen und den Änderungen am gesetzlichen Rahmen. Die Parteien werden sich in Zukunft den Anforderungen eines gemischten Wahlsystems, das durch die Annahme eines neuen Gesetzes zur Wahl der Volksvertreter Ende 2011 (wieder) eingeführt wurde, anpassen müssen. Des Weiteren hat die Rücknahme jener Verfassungsänderungen im Jahr 2010, die bald nach der Orangen Revolution angenommen worden waren, die Bedeutung politischer Parteien gemindert, wodurch auch die Anreize für einen stabilen Parteienaufbau schwächer geworden sind. In Hinsicht auf die politischen Entwicklungen hat die Verurteilung von zwei prominenten Parteiführern – Julija Tymoschenko und Jurij Luzenko – sowie die Vorahnung, dass die anstehende Parlamentswahl nicht fair sein wird, die Parteien dazu gebracht, sich eher auf Kurzzeitziele zu konzentrieren als auf eine langfristige Entwicklung. Die größte Oppositionspartei, Tymoschenkos Partei Vaterland (Batkywschtschyna), kämpft mit der Verurteilung ihrer Vorsitzenden. Präsident Janukowytschs Partei der Regionen zeigt allerdings kaum bessere Umfrageergebnisse als Vaterland. Beide Parteien erreichen nur ungefähr 15 %. Gleichzeitig tauchen neue politische Kräfte auf, die zu einer Bedrohung für die Partei der Regionen werden könnten. Die großen Parteien heute.Welche politischen Parteien dominieren das Geschehen im Jahr 2012? Die Partei der Regionen wird formal von Ministerpräsident Mykola Asarow geführt. Seit Janukowytsch die Führung des Landes übernommen hat, ist die Partei in gewisser Hinsicht zu einer "Partei der Macht" geworden, ähnlich wie andere solche Parteien im postsowjetischen Raum, z. B. Einiges Russland, die Partei Neues Aserbaidschan oder Nur Otan in Kasachstan. Nach der Wahl Janukowytschs haben sich viele Mitglieder der politischen und wirtschaftlichen Elite, die bisher nicht politisch gebunden waren oder anderen Parteien angehörten, der Partei der Regionen angeschlossen. Eine Konsequenz daraus ist, dass die Partei nun einen größeren finanziellen Rückhalt hat als alle anderen Parteien zusammen und dadurch bei den anstehenden Wahlen eine vorteilhafte Position einnimmt. Allerdings sah sich die Partei im vergangenen Jahr auch mit einem starken Rückgang der Unterstützung konfrontiert. Da sich die Führung der Partei aus Vertretern verschiedener Gruppen zusammensetzt, bleibt die Partei darüber hinaus anfällig für interne Konflikte. Die größte Oppositionspartei ist derzeit die Partei Vaterland. Die Partei erlebt allerdings aus verschiedenen Gründen schwere Zeiten. Erstens und ganz offensichtlich ist es problematisch, dass Tymoschenko zu sieben Jahren Haft verurteilt worden ist, für Verbrechen, die sie angeblich als Ministerpräsidentin begangen hat. Zweitens haben die meisten wohlhabenden Sponsoren die Partei verlassen, in einigen Fällen auch um sich der Partei der Regionen anzuschließen. Drittens wird die Partei anders als bei früheren Abstimmungen nicht in der Lage sein bei den anstehenden Wahlen als Teil eines größeren Blocks anzutreten, weil das neue Parlamentswahlgesetz Parteiblöcke verbietet. Zum jetzigen Zeitpunkt ist noch unklar, wie die Partei Vaterland mit den neuen Bedingungen zurechtkommen wird und ob die Partei überhaupt effektiv geführt werden kann, wenn die Parteivorsitzende im Gefängnis sitzt. Die zweitstärkste Oppositionspartei ist die Front der Veränderung, geführt von Arsenij Jazenjuk. Mit 37 Jahren hat Jazenjuk bereits als Außenminister gearbeitet, als Wirtschaftsminister und als Parlamentspräsident. Seine Partei, die sich vor allem an kleinere und mittlere Unternehmer wendet, wird 2012 erstmals bei einer nationalen Parlamentswahl antreten. Die Partei der Regionen, Vaterland, und Front der Veränderung werden sicherlich die Sperrklausel überwinden, die in dem jüngst angenommenen Wahlgesetz von 3 % auf 5 % angehoben worden ist. Drei weitere Parteien haben eine reale Chance die Hürde zu nehmen, wenn sie allein bei den Wahlen antreten: UDAR, die Kommunistische Partei und die Partei Freiheit (Swoboda). UDAR ist erst vor zwei Jahren vom Boxchampion Witalij Klytschko gegründet worden und ist noch dabei, eine landesweite Organisation aufzubauen. Die Kommunistische Partei (KPU) war über weite Phasen der 1990er Jahre die größte politische Partei. Einen Großteil ihrer Unterstützer hat sie zwar über die Jahre verloren, aber dennoch hat die Partei eine relativ stabile Basis, vor allem in den südlichen und östlichen Regionen des Landes. Außerdem könnte sie von der schwindenden Unterstützung für die Partei der Regioen profitieren. Die Partei Freiheit ist eine (radikal) nationalistische Partei, mit deutlicher Unterstützung in den westlichsten Regionen des Landes. Die beinah 200 weiteren registrierten Partien werden entweder gar nicht erst bei den Wahlen antreten oder haben kaum eine Chance die 5%-Hürde zu überwinden. Dies betrifft auch einige Parteien, die in den letzten Jahren noch relativ einflussreich waren. Die Starke Ukraine, geführt vom Stellvertretenden Ministerpräsidenten Serhij Tihipko, ist im März 2012 mit der Partei der Regionen fusioniert. Die Volkspartei der Ukraine (NPU) wird vom Parlamentspräsidenten Wolodymyr Lytwyn geführt und hat keine realistische Chance die Sperrklausel zu übersteigen. Die Partei Unsere Ukraine des ehemaligen Präsidenten Wiktor Juschtschenko hat ihre Aktivitäten praktisch eingestellt und es scheint unwahrscheinlich, dass die Partei wiederbelebt wird oder überhaupt wiederbelebt werden könnte. Wie arbeiten ukrainische Parteien. Politische Parteien in der Ukraine sind weit von jenem Parteientyp entfernt, der die partizipatorische Demokatie in den Mittelpunkt stellt. Wie in vielen neuen Demokratien oder Semi-Demokratien sind die Parteien in der Ukraine im Allgemeinen nicht-ideologisch und es fehlen ihnen erkennbare programmatische Positionen, um sich von anderen Parteien abzuheben: Mit Ausnahme einiger weniger Parteien, wie z. B. der Kommunistischen Partei und der Partei Freiheit, sind sie allein aufgrund ihres Programms kaum voneinander zu unterscheiden. Alle großen Parteien bekunden, der Europäischen Integration verpflichtet zu sein und ordnen sich im politischen Spektrum mittig oder etwas rechts der Mitte ein. Anschlaulich macht diese politische Elastizität die Entwicklung der Partei Vaterland. Bei dem Versuch, Verbindungen zu einer der europäischen Parteien aufzubauen, setzte sich die Partei zunächst für einen Beobachterstatus bei der Sozialdemokratischen Partei Europas ein. 2008 allerdings erlangte die Partei dann stattdessen den Beobachterstatus bei der Europäischen Volkspartei. Angesichts des Mangels an programmtischer Attraktivität setzen ukrainische Parteien im Wahlkampf auf das Charisma oder die Reputation ihrer Führer und in gewissem Maße (insbesondere bei der Partei der Regionen) auch auf Klientelismus. Die Parteien tendieren zu starker Zentralisierung und zu geringer innerparteilicher Demokratie. Die meisten von ihnen wurden auf Initiative einer Führungsperson oder einer kleinen Gruppe solcher Personen gegründet, die anschließend auch die Kontrolle über die Parteiorganisation behielt. Indem die Parteien untrennbar mit ihren Führungspersonen verbunden sind, hängt auch das Überleben der Parteien von Lust und Laune dieser Personen ab. Tatsächlich ist es schwer vorstellbar, dass Vaterland, Front der Veränderung oder UDAR überleben würden, wenn Tymoschenko, Jazenjuk oder Klytschko aus irgendeinem Grund ihre Partei verlassen würden. Andere Parteien wurden lediglich als Projekte konzipiert, mit denen ein klar definiertes Ziel erreicht werden sollte. Sie können z. B. politisches Instrument einer ambitionierten Führungspersönlichkeit sein: Durch die Gründung und das Investieren in eine Partei kann diese Person ihr politisches Kapital vergrößern, das ihr wiederum eine wichtige Position in der Regierung oder einen Gouverneursposten einbringen kann. Eine Partei kann aber auch aufgebaut werden, um möglichst viele Sitze im Parlament zu gewinnen (auf nationaler oder regionaler Ebene), und diese dann an den Höchstbietenden zu verkaufen. Ein anderes charakteristisches Merkmal ukrainischer Parteien ist ihre regional beschränkte Unterstützung: Sie sind meist nur in einem oder einigen wenigen Teilen des Landes wirklich populär oder zumindest ist die Zustimmung regional stark konzentriert. Die Partei der Regionen wird z. B. in erster Linie in den südlichen und östlichen Regionen der Ukraine unterstützt: In den Wahlen von 2007 gewann die Partei in einigen Gebieten im Osten über 90 % der Stimmen, in einigen westlichen Stimmbezirken erreichte sie hingegen nur einstellige Zustimmungsraten. In ähnlicher Weise bekommen die Partei Freiheit und Unsere Ukraine ihre Unterstützung größtenteils aus den westlichen Regionen des Landes. Letztendlich sind die politischen Parteien in der Ukraine Täter und Opfer der "politischen Korruption" zugleich. Sie bekommen keine öffentliche Finanzierung und die Mitgliedsbeiträge reichen nicht aus um teure Kampagnen durchzuführen. Stattdessen ermöglicht das Parteiengesetz wirksam die Annahme unbegrenzter Spenden von Privatpersonen und Unternehmen. Die wichtigsten Parteien sind somit praktisch abhängig von der Finanzierung durch einige wohlhabende Privatpersonen oder Unternehmen; wegen der hohen Kosten von Wahlkampagnen haben Parteien, die von dieser Art der Finanzierung ausgeschlossen sind, im Wahlkampf keine Chance. Die Parteien selbst werden dabei als diejenigen gesehen, die anstatt die Bande zum Wahlvolk fester zu schmieden, das Sponsoring durch wohlhabende Privatpersonen verfolgen. Die Sponsoren einer Partei wiederum erwarten natürlich eine Rendite ihrer Investitionen: Parteien, die große Geldmengen über private Finanzierungen erhalten, müssen dementsprechend die Forderungen ihrer Sponsoren erfüllen und z. B. für bestimmte, dem Sponsor dienliche Gesetze stimmen. Eine andere Einnahmequelle für Parteien, an der die politische Korruption sehr deutlich wird, ist der Handel mit Parlamentssitzen und Stimmen. Von der lokalen bis zur nationalen Ebene werden die Positionen auf Parteilisten an Personen verkauft, die in den meisten Fällen versuchen, ihre Geschäftsinteressen durch Repräsentation in der Legislative durchzusetzen. Parteien oder einzelne Parlamentarier können auch Stimmen für bestimmte Teile der Gesetzgebung, die den Privatakteuren dienen, verkaufen. Der Handel mit Parlamentssitzen und -stimmen verringert in hohem Maße die Loyalität der Abgeordneten gegenüber den Parteien, in deren Auftrag sie ins Parlament gekommen sind. Der Umstand, dass sich Parteien um eine Führungsperson oder eine kleine Gruppe solcher Personen drehen, und dass sie abhängig von Sponsoren sind, die ihre Unterstützung jederzeit beenden können, macht Parteien zwangsläufig labil. Erschwerend kommt hinzu, dass die Gesetzgebung der letzten zwei Jahre die Anreize für einen langlebigen Parteienaufbau eingeschränkt hat. Zumindest während der Jahre nach der Orangen Revolution von 2004 schien das Parteiensystem sich Richtung Institutionalisierung zu entwickeln. Die Wahlgesetzgebung, die 2004 verabschiedet worden war, schrieb vor, dass alle Sitze im Parlament nach einer Verhältniswahl besetzt werden sollten, bei der es nur landesweite Parteilisten und Listen von Parteiblöcken gibt. Gleichzeitig wurden infolge der Verfassungsänderungen, die zur Zeit der Revolution ausgehandelt wurden, die Befugnisse der Legislative zu Lasten des Präsidenten erweitert. Eine parlamentarische Mehrheit in Form einer Parteien-Koalition sollte nun den Ministerpräsidenten wählen, der zudem größere Autonomie gegenüber dem Präsidenten bekam, genauso wie die meisten anderen Regierungsmitglieder auch. Nachdem Präsident Janukowytsch und seine regierende Partei an die Macht gekommen waren, haben sie die Gesetzgebung, die Anreize für die Parteienbildung nach der Orangen Revolution geschaffen hatte, in großen Teilen wieder zurückgenommen. Die Befugnisse des Parlaments wurden im Oktober 2010 beschnitten, als das Verfassungsgericht in einem umstrittenen Urteil die Verfassungsänderungen von 2004 annullierte (2006 waren diese in Kraft getreten) und damit die ursprüngliche, eher "präsidiale"-Version der Verfassung wiederherstellte. Erneut hat nun eher der Präsident entscheidenden Einfluss auf die Zusammensetzung der Regierung als eine Parteien-Koalition im Parlament. Ein weiterer Teil der Gesetzgebung, der wahrscheinlich einen negativen Effekt auf die Parteienentwicklung haben wird, ist das neue Gesetz über die Wahl der Abgeordneten in der Ukraine, welches etwa ein Jahr vor der anstehenden Wahl, im November 2011, verabschiedet wurde. Das Gesetz führt das gemischte Wahlsystem wieder ein, das vor der Orangen Revolution gegolten hatte. Das bis vor Kurzem gültige Wahlgesetz, demzufolge um die Sitze im Parlament in einem landesweiten Wahlkreis konkurriert wird und diese nach dem Verhältniswahlrecht verteilt werden, war bei Weitem nicht perfekt. Insbesondere die Festlegung eines landesweiten Wahlkreises schwächte die regionalen und lokalen Parteien, die kaum Möglichkeiten sahen, dass ihre Vertreter ins nationale Parlament gewählt würden. Das neue Wahlgesetz behält die Verhältniswahl in einem landesweiten Bezirk für die Wahl der einen Hälfte der Abgeordneten bei; die restlichen 225 Sitze werden jetzt in Ein-Mann-Wahlkreisen nach dem Mehrheitsprinzip gewählt. Die Wiedereinführung der Mehrheitswahl wird vermutlich aus mindestens zwei Gründen einen negativen Effekt auf die Entwicklung eines stabilen Parteisystems haben. Erstens werden wegen der geringen Popularität der bestehenden Parteien wohl viele unabhängige Kandidaten antreten und in den Mehrheitswahlen auch gewinnen. Zweitens werden viele kleine Parteien, die die 5%-Hürde nicht überwinden können, weiter bestehen, weil sie die Mehrheitswahlen als einzige Möglichkeit sehen, wenigstens einige Sitze im Parlament zu gewinnen. Ein zentraler Aspekt des bisherigen Wahlsystems – die geschlossenen Parteilisten – wurde trotz nationaler und internationaler Appelle für die Einführung offener Listen beibehalten und wird ebenfalls negative Auswirkungen auf die Parteienentwicklung haben. Geschlossene Listen erlauben dem Wähler nicht, seine Vorliebe für einzelne Parteivertreter zum Ausdruck zu bringen; stattdessen liegt die Auswahl der Kandidaten für die Parteiliste und ihre Platzierung auf dieser Liste in vollem Umfang bei den politischen Parteien, und in der Praxis bei einer kleinen Gruppe von Personen innerhalb dieser Parteien. Die geschlossenen Listen fördern dabei eine besonders gravierende Form politischer Korruption in der ukrainischen Politik – den Kauf von Sitzen. Das aktuelle Wahljahr ist ein außergewöhnlich arbeitsreiches Jahr für die ukrainischen Parteien. Das neugebildete "Komitee gegen Diktatur", bestehend aus den wichtigsten Oppositionsparteien, hat erklärt, dass es einzelne, die Opposition repräsentierende Kandidaten für die Wahlen in den 225 Ein-Mann-Wahlkreisen nominieren wird. Die Verhandlungen über die Nominierung der einzelnen Kandidaten erweisen sich als schwierig und kosten die Oppositionsparteien viel Kraft. Die Wiedereinführung des gemischten Wahlsystems wird dabei als politisch motiviert betrachtet. Insbesondere wird angenommen, dass die meisten Abstimmungen in den Ein-Mann-Wahlkreisen trotz einer niedrigen Gesamtbewertung der Partei von Abgeordneten der Partei der Regionen oder Kandidaten, die der Partei nahestehen, gewonnen werden, wenn die Opposition es nicht schafft sich effektiv zu koordinieren. Darüber hinaus werden viele Parteien schwer mit der heraufgesetzten Sperrklausel kämpfen müssen. Dennoch setzt die Opposition auf die Möglichkeit, nach den Wahlen die Mehrheit im Parlament zu kontrollieren und dadurch die Machtposition des Regimes zu untergraben. Die Oppositionsparteien wetteifern jedoch nicht nur um Stimmen, sondern kämpfen auch um die Durchführung fairer Wahlen, da es den weitverbreiteten Verdacht gibt, dass das Regime zu Wahlmanipulation und Betrug greifen wird, um seinen Sieg zu sichern. Auch in anderer Hinsicht ist unklar, unter welchen Umständen die Wahl stattfinden wird: Die genauen Grenzen der 225 Wahlbezirke wurden noch nicht gezogen und es scheint wahrscheinlich, dass das Wahlgesetz vor der Wahl noch einmal in wichtigen Punkten geändert wird. Der Wahlausgang und der Prozess im Vorfeld der Wahl könnten eine ernsthafte Umgestaltung der derzeitigen Parteienkonstellation einleiten. Wenn die Partei der Regionen keinen gelungenen Auftritt hinlegt, könnte sie es mit Überläufern oder Schlimmerem zu tun bekommen. Was die Partei Vaterland betrifft, so bleibt unklar, wie sie aus ihrer aktuellen Krise herauskommen wird. Einige der neuen und scheinbar aussichtsvollen Kräfte könnten ebenfalls Schaden nehmen, wenn sie schlechter arbeiten als erwartet und gleichzeitig andere Kräfte in den Vordergrund treten, denen es gelingt die oppositionellen Strömungen zu vereinen. Alles in Allem ist ein Ende der Unbeständigkeit des Parteiensystems in der Ukraine nicht in Sicht.

Die Positionen der politischen Parteien An der programmatischen Diskussion zur Gesundheitspolitik beteiligen sich zahlreiche Akteure. Zwei Akteurtypen sind zu unterscheiden: zum einen die im Bundestag vertretenen Parteien, zum anderen jene Organisationen, die bestimmte Interessengruppen im Gesundheitswesen vertreten, wie zum Beispiel die Verbände der Krankenkassen oder der Ärzteschaft, aber auch die Arbeitgeberverbände und die Gewerkschaften. Die Programmatik dieser Akteure soll, getrennt nach diesen beiden Akteurtypen, im Folgenden dargestellt werden. Dabei werden die wichtigsten programmatischen Aussagenumrissen und die betreffenden Dokumente im Original zugänglich gemacht. Bundestagsparteien Im Vorfeld der Wahl zum 17. Deutschen Bundestags am 27. September 2009 haben die im Bundestag vertretenen Parteien ihre Programme für die 17. Legislaturperiode verabschiedet. Die wesentlichen Aussagen werden im Folgenden umrissen und die Programme dokumentiert. Die Reihenfolge derPräsentation folgt der Stärke der Parteien bei der letzten Bundestagswahl.CDU/CSU (CDU-Bundesgeschäftsstelle 2009) wollen auch in Zukunft daran festhalten, dass jede Bürgerin und jeder Bürger eine qualitativ hochwertige, wohnortnahe medizinische Versorgung unabhängig von Einkommen, Alter, sozialer Herkunft oder gesundheitlichem Risiko erhält. Im Umgang mit Kranken, Älteren und Schwachen zeige die Gesellschaft in besonderem Maße ihr soziales Gesicht und ihr Wertefundament. Die Weiterentwicklung des Gesundheitswesens erfordere mehr Transparenz und mehr Wettbewerb und weniger Bürokratie.Entscheidend für die Qualität der Versorgung seien die freien Berufe im deutschen Gesundheitswesen, denn sie gewährleisten eine wohnortnahe und hochwertige Versorgung nicht nur in den Ballungszentren, sondern auch in ländlichen Regionen.
Zentrales gesundheitspolitisches Ziel der CDU/CSU ist die Stärkung von Eigenverantwortung sowie das Ausschöpfen von Effizienz- und Wirtschaftlichkeitspotenzialen durch die Erweiterung individueller Wahlmöglichkeiten der Patientinnen und Patienten. Derartige Wahlmöglichkeiten sollen unterstützt werden durch vermehrte Transparenz in Form von Informationen zur Ausgestaltung der Leistungen, der Qualität und des Preises bei Sachleistungen und Kostenerstattungstarifen.
Die Patientenrechte sollen durch ein eigenes Patientenschutzgesetz und durch eine unabhängige Patientenberatung gestärkt werden.
Gesetzliche und private Krankenversicherungen aus der Sicht der CDU/CSU sind private Krankenversicherungen unverzichtbarer Bestandteil eines freiheitlichen Gesundheitssystems, und zwar sowohl als Voll- wie auch als Zusatzversicherung. Eine staatliche Einheitsversicherung wird abgelehnt.

Beim Angebot von Wahl- und Zusatzleistungen sollen gesetzliche und private Krankenversicherungen besser zusammenarbeiten.

Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung
Die Belastung der Versicherten durch die Finanzierung des Gesundheitswesens soll zukünftig in Grenzen gehalten werden. Ein wichtiges Element dabei soll die Steuerfinanzierung versicherungsfremder Leistungen sein.

Prävention
Betont wird der besondere Stellenwert der Prävention in der Gesundheitsversorgung. Eine Stärkung präventiver Funktionen der Gesundheitsversorgung versprechen sich CDU und CSU von einer Weiterentwicklung von Bonusmodellen sowie Wahl- und Selbstbehalttarifen. Dies sei zugleich ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der Eigenverantwortung der Versicherten.

Ambulante Versorgung
Die freien Berufe im Gesundheitswesen seien eine der tragenden Säulen einer hochwertigen Patientenversorgung. Um diese Stellung zu festigen, sollen bürokratische Vorgaben und Dokumentationspflichten drastisch auf ein Maß reduziert werden, das zur Abrechnung und Qualitätssicherung unabdingbar notwendig ist. Im konstruktiven Dialog mit den im Gesundheitswesen Tätigen sollen die erforderlichen Kurskorrekturen festgelegt werden. Beispielhaft genannt werden hier das ärztliche Honorarsystem und der Risikostrukturausgleich.

Bezüglich des ärztlichen Honorarsystems sollen feste Euro-Preise für ärztliche Leistungen den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten Planungssicherheit geben. Das Vergütungssystem soll leistungsgerecht sein und den Besonderheiten der Leistungen einzelner Ärztegruppen sowie regionalen Rahmenbedingungen Rechnung tragen.

Die Selbstverwaltung der Ärztinnen und Ärzte soll im Sinne einer generellen Stärkung der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen gestärkt werden.

Die Sicherung einer wohnortnahen ambulanten Versorgung vor allem in ländlichen Regionen hat aus Sicht der CDU/CSU einen besonderen Stellenwert.

Hohe Priorität hat darüber hinaus eine hausarztzentrierte ambulante Versorgung, die besonderen Qualitätsanforderungen genügen muss, ohne dabei die fachärztliche Versorgung einzuschränken.

Medizinische Versorgungszentren sollen nur unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen werden. Eine dieser Voraussetzungen ist, dass sie nur von Ärztinnen und Ärzten beziehungsweise von Krankenhäusern als Träger geführt werden dürfen.

Stationäre Versorgung
Aus Sicht von CDU und CSU hat sich die bestehende sogenannte duale Form der Krankenhausfinanzierung (Betriebskosten werden durch die Krankenkassen, Investitionskosten durch die Bundesländer finanziert) bewährt. Der Gestaltungsspielraum der Länder bei der Finanzierung von Krankenhausinvestitionen (Investitionspauschalen, Einzelförderung) soll erhalten bleiben.

Durch bessere Versorgungsmodelle sollen verschiedene Fachdisziplinen und Sektoren besser integriert werden. Einen besonderen Stellenwert sollen dabei palliativmedizinische Versorgungsangebote haben.

Arzneimittelversorgung
CDU und CSU wollen Auswüchse im Versandhandel mit Arzneimitteln eindämmen und die Vielzahl der teils gegensätzlichen Instrumente zur Festsetzung und Findung von Arzneimittelpreisen auf ihre Wirksamkeit und Sinnhaftigkeit überprüfen sowie den gesetzlichen Rahmen für Rabattverträge überarbeiten.

Pflegeversicherung
Die bestehende gesetzliche Pflegeversicherung hat sich aus Sicht der CDU/CSU bewährt. Als umfassende soziale Absicherung gegen das Pflegefallrisiko bleibe sie unverzichtbar.

Die Definition der Pflegebedürftigkeit soll verändert werden. Bereits zu Beginn der Legislaturperiode sollen die Pflegebedürftigen soweit wie möglich in die Lage versetzt werden, selbst die notwendigen Entscheidungen über Leistungsangebote sowie deren Qualität und Preis zu treffen.

Der Alten- und Krankenpflegeberuf soll attraktiver werden. Bisher ärztliche Tätigkeiten sollen auf die Alten- und Krankenpflege übertragen werden.

Die Vereinbarkeit von Pflege und Berufstätigkeit soll verbessert werden. Zu diesem Zweck ist den Unternehmen der Zugang zu Programmen zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf, die Kooperation mit Tagespflegeeinrichtungen sowie die Nutzung bereits bestehender Netzwerke ("Erfolgsfaktor Familie", "Lokale Bündnisse", Mehrgenerationenhäuser) zu erleichtern.



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