Welt des Bewusstseins, Sprachgemeinschaft 


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Welt des Bewusstseins, Sprachgemeinschaft



Die vier Stufen der inhaltsbezogenen Grammatik:

1. Die lautbezogene Betrachtungsweise, die von der Lautform ausgeht und die Sprachgestalt beschreibt. Es steht bei der Sprachforschung am Anfang, aber bei der tieferen inhaltlichen Forschungen darf man das Lautliche nicht zum Maßstab der Betrachtung machen.

2. Inhaltsbezogene Grammatik als Beschreibung des Aufbaus des Wortschatzes in Wortfeldern.

3. Leistungsbezogene Grammatik: der Inhalt wird als geistiger Prozess, als „sprachlicher Zugriff“ betrachtet, dessen Resultat als „Leistung“ bezeichnet wird.

4. Wirkungen des sprachlichen Zugriffs in der Lebenspraxis der Sprachgemeinschaft (Pragmatik).

Kritische Würdigung der Theorie (Meier, Seidel, Helbig, Neumann, Guchmann):

- häufige Kritik: Weisgerbers Übertonung der aktiven Rolle der Sprache für Erkennungsprozesse

- von materialistischen Denkpositionen als Sprachidealismus abgelehnt

- trotz ähnlicher Ansätze in den USA blieb Wirkung auf Deutschland beschränkt

- dort in 1950er und 60er Jahren großen Einfluss auf Schul- und Volksgrammatik (inhaltsbezogene Grundkonzeption der Duden-Grammatik)

Literatur:

1. H. Bußmann. Lexikon der Sprachwissenschaft

2. W. Jung. Grammatik der deutschen Sprache. Leipzig. 1980. S. 1

3. O. I. Moskalskaja. Grammatik der deutschen Sprache. Moskau. 2004. S. 23-26.

4. M. Th. Rolland. Neue deutsche Grammatik

5. И. П. Сусов. История языкознания. Тула, 1973

 

4. Funktionelle, kommunikative und pragmatische Grammatik ist die Auffassung der Sprache als materielle Existenzform und Medium des Denkens and als Mittel der gesellschaftlichen Kommunikation sowie die Anwendung des dialektischen Gesetzes der unlöslichen Einheit von Inhalt und Form für die Entwicklung der Grammatikkategorie.

In den 50er-60er Jahren Erforschte man die Probleme der kommunikativen Funktion der Sprache als Medium der gegenseitigen Verständigung unter den Menschen. Man strebte den kommunikativ-pragmatischen Aspekt der grammatischen Kategorien und der grammatischen Strukturen zu erschließen.

Die wichtigsten Vertreter:

Georg F. Meier. „Ein Beitrag zur Erforschung der Beziehungen von Sprache und Denken und der Entwicklungsmäßigkeiten der Sprache“ (1952), „Das Zero-Problem in der Linguistik“ (1961)

G. Klaus. „Die Macht des Wortes“ (1965)

W. Schmidt. „Lexikalische und aktuelle Bedeutung“ (1963), „Grundfragen der deutschen Grammatik. Eine Einführung in die funktionale Sprachlehre“

E. Albrecht. „Beiträge zur Erkenntnistheorie und das Verhältnis von Sprache und Denken“ (1959)

A. Neubert. „Semantischer Positivismus in den USA“ (1962)

Die Funktion wird als einer der Grundbegriffe der Grammatik hervorgehoben. Einige Forscher betrachten die Begriffe „Bedeutung“ und „Funktion“ als Synonyme, die anderen versuchen diese Erscheinungen grundsätzlich auseinander zu halten. Bedeutung ist die inhaltliche Seite des sprachlichen Zeichens und Funktion ist ein sprachexternes Phänomen.

Unter Bedeutung versteht man umfassende Widerspiegelung eines Gegenstandes, einer Erscheinung oder einer Beziehung der objektiven Realität im Bewusstsein der Angehörigen einer Sprachgemeinschaft, die mit der Form zu der strukturellen Einheit des sprachlichen Zeichens verbunden ist.

Unter Funktion versteht man erzielte Wirkung der Sprache auf den Empfänger. Funktion ist also grundsätzlich sprachextern: Sie ist der kommunikative Effekt, den wir bei der Verwendung von Sprache erzielen.

Die Pragmatik untersucht die Beziehungen zwischen den Zeichen Z und den Menschen M, die die sprachlichen Zeichen produzieren, senden und empfangen. Diese sprachlichen Zeichen erfüllen verschiedene Funktionen. Die Sprache ist ein Mittel, um Sachverhalte und Ereignisse zu beschreiben (Symbolfunktion), um bestimmte Gefühle auszudrücken (Symptomfunktion) und um beim Empfänger von Zeichen ein bestimmtes Verhalten hervorzurufen, das sich in Lust- und Unlustgefühlen und in bestimmten Handlungen ausdrückt (Signalfunktion).

Literatur:

1. G. F. Meier. Grundfragen einer funktionalen Grammatiktheorie (Zeitschrift für Phonetik, Sprachwissenschaft und Kommunikationsforschung). 1974. H. 1-3.

2. W. Schmidt und Kollektiv. Die Sprache als Instrument der Leitung gesellschaftlicher Prozesse. Deutschunterricht. H. II.

3. W. Schmidt und Kollektiv. Skizze der Kategorien und der Methode der funktionalen Grammatik (Zeitschrift für Phonetik, Sprachwissenschaft und Kommunikationsforschung). 1969. H. 5.

 

5. Die Grammatikforschung in der modernen russischen Germanistik. Die Forschungsarbeit auf dem Gebiet der Germanistik wird intensiv geführt.

Shirmunski. Der Sammelband „Probleme der deutschen Grammatik in historischer Sicht“, 1935.

Strojewa und Sinder. „Wissenschaftliche Grammatik der deutschen Sprache“, 1938.

Admoni. „Der deutsche Sprachbau“, 1972.

Abramow. „Zum Begriff der zentripetalen und zentrifugalen Potenzen“ (Artikel), DaF, 1967. H.3.

Gulyga, Natanson. „Grammatik der deutschen Sprache“, 1957.

Rachmankulowa. Strukturelle Untersuchungen zum deutschen Verb im Satzmodell, DaF, 1966. H. 4.

Schendels. Deutsche Grammatik. Wort, Satz, Text, 1979.

Moskalskaja, Guchmann, Kruschelnitzkaja, Ssusow, Bessmertnaja, Pironkowa u.a.

N.B.: Die notwendigen Definitionen: Strukturalismus. Inhaltsbezogene Grammatik. Kommunikative und pragmatische Grammatik.

Energeia (Ένέργεια) – Sprache als „wirkende Kraft“, die „sich ewig wiederholende Kraft“

Ergon (Έργον) – Sprache als Werk, etwas Fertiges, ein in sich geschlossenes Gebilde

Weltbild – das Geistige in der Sprache; die geistige, inhaltliche Seite der Sprache; der sprachliche Zugriff auf die uns umgebende Sachwelt

Sachwelt – Welt der Dinge

Sprachliche Zwischenwelt – eine geistige strukturverleihende Vermittlungsinstanz zwischen der ungeordneten Realität der Dinge (Sachwelt) und der jeweiligen Sprachgemeinschaft; der (energetische) „Zugriff“, „Worten der Welt“ (вербализация мира)

Zugriff – вовлечение объекта реальности в языковой Zwischenwelt; „превращение мира в мысли“ (Сусов)

Seminar 3. Morphologie

1. Begriff der grammatischen Kategorie: darunter wird jede Verbindung äußeren formalen Merkmals mit irgendeiner grammatischen Bedeutung verstanden, also ungefähr dasselbe, was man unter der grammatischen Form versteht. Andererseits versucht man diesen Begriff enger zu bestimmen, indem man ihn nur zur Beziehung ganzer Formreihen, Formsysteme verwendet, also beispielsweise nicht von der Kategorie des Nominativs oder eines anderen Kasus, sondern nur von der Kategorie des Kasus im Allgemeinen spricht.

Peschkowski hat eine Gegenüberstellung der objektiven und der subjektiv-objektiven Kategorien eingeführt. Die objektiven Kategorien bringen in verallgemeinerter und abstrahierter Form die sich im menschlichen Bewusstsein widerspiegelnden Sachverhalte der objektiven Wirklichkeit zum Ausdruck (zum Beispiel Akkusativ als Bezeichnung des Objekts der Handlung, die Kategorie der Zahl). Man bezeichnet diese Kategorien auch als logisch-semantische. Es gibt auch kommunikativ-grammatische Kategorien, die die allgemeinen Bedingungen des Redeaktes Wesen der Einstellung bestimmen. So wird die grammatische Zeit von dem Zeitpunkt des Redeaktes aus als einer Koordinatenachse abgezählt. Die beiden Arten der Kategorien (die logisch-grammatische und die kommunikativ-grammatische) sind gewiss nicht immer scharf voneinander geschieden und haben sehr viele gemeinsame Züge. Die logisch-grammatischen Kategorien spielen eine wichtige Rolle beim strukturellen Aufbau der Rede und helfen damit, den ungehemmten Ablauf des Redeprozesses zuwege bringen. Die kommunikativ-grammatischen Kategorien drücken dagegen immer auch irgendwelche logische, das heißt in der objektiven Welt existierende objektive Inhalte und Sachverhalte aus – schon deswegen, weil die Einstellung des Redenden der Aussage gegenüber und die Bedingungen des Redeaktes selbst objektive Gegebenheiten sind, gewisse notwendige und typische, sozial begründete Erscheinungsformen.

Man muss aber noch eine besondere Abart der Kategorien zu konstatieren – die strukturell-grammatischen, welche der formalen Organisierung der Redeeinheiten dienen (beispielsweise die Rahmenkonstruktion als ein Mittel zur Zusammenschweißung des Satzes). Die meisten Formen des Sprachebaus können also als grammatische Kategorien (logisch-grammatische, kommunikativ-grammatische oder strukturell-semantische) betrachtet werden. Es gibt aber auch grammatische Formen, die man nicht zu den grammatischen Kategorien rechnen darf. Das sind Formhüllen, die mit keiner Funktion (selbst im weitesten Sinne des Wortes) ausgestattet sind, weder Beziehungen zum Redeprozess feststellen, noch die Redeeinheiten organisieren. So bleiben in der deutschen Sprache völlig funktionslos die Formunterschiede zwischen den starken und schwachen Verben und somit diese verbalen Formsysteme selbst. Solche grammatischen Erscheinungen werden im Gegensatz zu den grammatischen Kategorien Formklassen oder Formordnungen genannt.

Literatur:

1. W. Admoni. Der deutsche Sprachbau, 1972. S. 11.

2. Л. Р. Зиндер, Т. В. Строева. Современный немецкий язык. Теоретический курс, издание 3. Москва. 1957. Стр. 11.

3. А. М. Пешковский. Русский синтаксис в научном освещении, издание 7. Москва. 1986. Стр. 89.

 

2. Die grammatische Bedeutung ist die inhaltliche Seite des sprachlichen Zeichens; die abstrahierenden, die invarianten Bestandteile des Erkenntnisprozesses, eine umfassende Widerspiegelung eines Gegenstandes, einer Erscheinung oder einer Beziehung der objektiven Realität im Bewusstsein der Angehörigen einer Sprachgemeinschaft, die mit der Form zu der strukturellen Einheit des sprachlichen Zeichens verbunden ist. Die grammatische Bedeutung hat eine ganz bestimmte Funktion dieses oder jenes Elementen in jedem einzelnen Satz zum Beispiel wenn wir die Zeitform Präsens gebrauchen, indem wir von irgendeinem gestrigen Ereignis erzählen möchten, so möchten wir unsere Rede lebendig machen (da komme ich ins Kino und sehe meinen alten Kumpel...); oder wenn ein Arzt seinen Patienten nachfragt, was ihm weh tut und verwendet dabei wir statt Sie, so möchte der Arzt zeigen, dass er Mitgefühl hat (Was tut uns weh?).

Literatur:

W. Schmidt. Grundlagen der deutschen Grammatik. Eine Einführung in die funktionale Sprachelehre. Berlin. 1965.

 

3. Die grammatischen Formen und Mittel. Die meisten Wortarten haben ihre grammatischen Formen, die durch ganz bestimmte grammatische Mittel ausdrückt werden beispielsweise das Substantiv hat seine Kasusformen und lexikalische Potenz des Numerus beziehungsweise Singular/Plural zu bilden; diese Formen werden mit Hilfe verschiedener Mittel gebildet wie Endungen, Umlaute und Suffixe.

Literatur:

O. I. Moskalskaja. Grammatik der deutschen Sprache. Moskau. 2004. S. 37.

4. Die Kategorie der Wortarten i st ein grundlegender Begriff für die gesamte Grammatik. Das ist eine klassifizierende Kategorie, die den Wortschatz in Wortklassen ordnet (Substantive, Adjektive, Verben usw.) und ermöglicht somit die Beschreibung seines Funktionierens beim Sprechen.

Die grammatische Einordnung der großen Masse von Wörtern gehört zu den schwierigsten Aufgaben der Sprachwissenschaft. Die Zugehörigkeit des Wortes zu dieser oder jener Wortart wird durch den Charakter seines Funktionierens in der Sprache bestimmt.

Das Funktionieren des Wortes in der Sprache hängt von folgenden aufeinander abgestimmten Momenten ab:

- von der verallgemeinerten Wortklassenbedeutung (begrifflich-kategoriale Prägung, Bedeutungsweise und inhaltliche Prägung);

- von dem Satzglied des Wortes;

- von der morphologischen Prägung des Wertes: Flexibilia/Inflexibilia; Charakter der Abwandlung der Flexibilia und die ihnen anhaftenden grammatischen Kategorien.

Nach der syntaktischen Funktion werden alle Wörter vor allem in satzgliedwertige und nichtsatzgliedwertige (Funktionswörter) gegliedert. Die satzgliedwertigen Wortarten werden weiterhin durch ihren Satzgliedwert gekennzeichnet. So zum Beispiel erscheint im Satz das finite Verb meistens in einer syntaktischen Funktion des Prädikats. Die nichtsatzgliedwertigen Wortarten haben auch bestimmte syntaktische Funktionen und eine bestimmte syntaktische Distribution. Die Präposition steht immer in Verbindung mit einem Substantiv oder Pronomen im obliquen Kasus; eine beordnende Konjunktion steht immer zwischen zwei gleichartigen Satzgliedern oder Sätzen, die unterordnende Konjunktion meistens an der Spitze eines Gliedsatzes.

System der Wortarten im Deutschen:

I. Eigentliche Wortarten (Autosemantika):

- benennende oder nominative:

1. Substantiv

2. Verb

3. Adjektiv (einschließlich der qualitativen Adverbien)

4. Adverb

- verweisende

5. Pronomen

- zählende

6. Numerale

II. Funktionswörter (Synsematika)

- mit syntaktischer Funktion

7. Präposition

8. Konjunktion

9. Kopula

10. Partikel

- mit morphologischer Funktion

11. Artikel

12. Hilfsverb

III. 13. Modalwort

IV. 14. Interjektion

Literatur:

1. Duden. Band 4. Grammatik der deutschen Gegenwartssprache. 6., neu bearbeitete Auflage. Herausgegeben von der Dudenredaktion. Mannheim, 1998. S. 41-42, 43-44, 85-87, 408.

2. W. Jung. Grammatik der deutschen Sprache. Sankt Petersburg. 1996. S. 170.

3. O. I. Moskalskaja. Grammatik der deutschen Sprache. Moskau. 2004. S. 39-41, 47-48.

 

5. Die Oppositionsverhältnisse im Wortartensystem werden von der Sprachwissenschaft untersucht, da sie wichtiger sind als die Versuche der Umgruppierung und Neugliederung der Wortarten. Im Rahmen des gesamten Wortschatzes müssen gewisse Wortarten zu Wortartkomplexen vereinigt und den anderen Wortartkomplexen gegenüber gestellt werden. Es werden vor allem Grundwortarten ausgegliedert: Verb, Artwort (=Adjektiv-Adverb) und Substantiv, von denen her alle Satzglied- und Satzpläne fassbar sind.

Wissenschaftler Erben schätzt den Anteil der Aussagewörter (=Verben), Nennwörter (=Substantive) und Beiwörter (=Adjektive-Adverbien) am Gesamtwortschatz so ein: das Verb – ein Viertel des Gesamtwortschatzes, das Substantiv – 50-60% und das Adjektiv – ein Sechstel des Gesamtwortschatzes.

Literatur:

1. W. Admoni. Der deutsche Sprachbau, 1972. S. 13-18.

2. O. I. Moskalskaja. Grammatik der deutschen Sprache. Moskau. 2004. S. 44-45.

3. Абрамов. Теоретическая грамматика немецкого языка. 2001.

 

N.B.: Die notwendigen Definitionen: Morphologie, Substantiv, Verb, Adjektiv, Adverb, Pronomen, Numerale, Präposition, Konjunktion, Partikel, Artikel, Hilfsverb, Modalwort, Interjektion, Autosemantika, Synsematika.

 

Seminar 4. Das Verb

1. Allgemeines über das verbale Paradigma. Das Verb ist die einzige konjugierbare Wortart, es bezeichnet Tätigkeiten (schreiben), Vorgänge (aufwachen) oder Zustände (leben). Das Verb ist die größte und die bedeutendste Wortklasse in grammatischer Hinsicht:

- das Verb spielt dank seiner inhaltlichen Prägung die zentrale Rolle im Satz

- als struktureller Mittelpunkt des Satzes besitzt das Verb ein reich ausgebautes System von grammatische Kategorien: die Kategorien der Person, des Numerus, der Zeit, des Modus und des Genus

- das Zusammenspiel dieser Kategorien ergibt eine Fülle von Wortformen, die das Paradigma des Verbs unter allen anderen Wortarten auszeichnet. So besteht das Paradigma eines persönlichen Intransitiven Verbs im Deutschen aus 91 Wortformen, das eines persönlichen transitiven Verbs aus 177 Wortformen (die Wortformen des so genannten „Zustandspassivs“ (Stativs) nicht mitgerechnet).

Unter Paradigma einer Wortart versteht man die Gesamtheit der Wortformen. Die den Wörtern der betreffenden Wortart eigen sind. Das Paradigma hat ein Systemcharakter. Alle Wortformen in Paradigma sind aufeinander abgestimmt und stehen einander als Gegenglieder einer Opposition gegenüber. Unter Opposition versteht man die antonymische Beziehung der Gegenglieder im Rahmen einer grammatischen Bedeutung, die die betreffenden Wortformen unterscheiden lässt.

Das Paradigma des Verbs beruht sich auf dem Zusammenspiel mehrerer Oppositionen. Vor allem stehen alle finiten Formen des Verbs und die infiniten Formen des Verbs als Gegenglieder einander gegenüber.

Literatur:

1. W. Admoni. Der deutsche Sprachbau, 1972. S. 158-164.

2. Meyers Jugendlexikon A-Z. 9. Auflage. Leipzig. 1979. S. 687.

3. O. I. Moskalskaja. Grammatik der deutschen Sprache. Moskau. 2004. S. 48-53.

 

2. Morphologische Klassen (Typen) des Verbs: Das deutsche Verb besitzt drei Grundformen oder Stammformen, die allen anderen Formen zugrunde liegen: dies sind:

- Infinitiv

- Präteritum und

- Partizip II.

Je nach der Bildung der Grundformen baut man folgende morphologische Klassifikation der Verben auf:

- die schwachen Verben (parken, verfilmen, tanken, radeln, mixen etc.)

- die starken Verben (Doppelformen ohne Bedeutungsunterschied wie melken – melkte/molk – gemelkt/gemolken und Doppelformen mit verschiedener Bedeutung und homonymische Verben wie schaffen – schöpferisch gestalten (stark) oder etwas besorgen (schwach)*)

- die Verben mit dem Präsensumlaut (ĕ – ă – ă: brennen, kennen, nennen, rennen, wenden, senden und denken)

- die Präterito-Präsentia (dürfen, können, mögen, müssen, sollen, wollen und wissen) und

- die unregelmäßigen Verben (sein, haben, werden, stehen, gehen, tun und bringen).

Anmerkung. Die Benennungen stark und schwach stammen von dem Sprachforscher Jakob Grimm (19. Jahrhundert). Stark sind seiner Deutung nach die Verben mit innerem Vokalwechsel, schwach sind die Verben, die einer äußeren Stütze in Form eines besonderen Suffixes bedürfen.

* Man beobachtet die Tendenz, verschiedene Bedeutungen an verschiedene Formen anzuknüpfen. Meist gewinnt die schwache Form die Oberhand. Im Partizip bleibt die starke Form besser erhalten (so bei gehauen, gebacken, gespalten, verschollen etc.). Die transitiven Verben neigen zur schwachen Konjugation, die intransitiven dagegen zur starken Konjugation, doch eine feste Entsprechung zwischen schwach – transitiv und stark – intransitiv gibt es nicht.

 

Das Paradigma des deutschen Verbs vereinigt einfache (synthetische) und zusammengesetzte (analytische) Wortformen. Die analytischen Wortformen sind in einer absoluten Überzahl (4 Tempusformen von 6 im Indikativ, 6 Tempusformen von 8 im Konjunktiv, alle Formen des Passivs, 2. Infinitiv Aktiv, 1. und 2. Infinitiv Passiv). Deutsches Verb hat ein reich entwickeltes Flexionssystem (zahlreiche Personalendungen und Affixe sowie Ablaut, Umlaut und Vokalhebung im Wurzelmorphem starker Verben). Das entspricht dem gemischten, synthetisch-analytischen Typ des deutschen Sprachbaus im Allgemeinen.

Literatur:

1. W. Admoni. Der deutsche Sprachbau, 1972. S. 164-172.

2. Duden. Band 4. Grammatik der deutschen Gegenwartssprache. 6., neu bearbeitete Auflage. Herausgegeben von der Dudenredaktion. Mannheim, 1998. S. 92.

3. E. Schendels. Deutsche Grammatik. Moskau. 1979.

4. O. I. Moskalskaja. Grammatik der deutschen Sprache. Moskau. 2004. S. 53-55

 

3. Verbenklassifikation nach dem Ablaut. 7 Ablautreihen:

I. 1. ei – ĭ – ĭ: reiten – ritt – geritten

Beißen, bleichen, gleichen, gleiten, greifen, kneifen, leiden, pfeifen, reißen, schleichen, schleifen, schmeißen, schneiden, schreiten, spleißen, streichen, streiten, weichen

2. ei – ī – ī: schreiben – schrieb – geschrieben

Bleiben, gedeihen, leihen, meiden, preisen, reiben, scheiden, scheinen, schleißen, schweigen, schreien, speien, steigen, treiben, weisen, zeihen

II. 1. ĭ – ō – ō: fliegen – flog – geflogen

Biegen, bieten, fliehen, frieren, kiesen, schieben, stieben, verlieren, wiegen, ziehen; lügen, betrügen, saugen, schnauben

2. ī – ŏ – ŏ: schießen – schoss – geschossen

Fließen, genießen, gießen, kriechen, riechen, schließen, sieden, sprießen, triefen, verdrießen; saufen

III. 1. ĭ – ă – ŭ: binden – band – gebunden

Dingen, dringen, finden, gelingen, klingen, ringen, schinden (Präteritum: schund), schlingen, schwinden, schwingen, singen, sinken, springen, stinken, trinken, winden, zwingen

2. ĭ – ă – ŏ: beginnen – begann – begonnen

Gewinnen, rinnen, schwimmen, sinnen, spinnen

3. ĕ – ă – ŏ: helfen – half - geholfen

Bergen, bersten, gelten, schelten, sterben, verderben, werben, werden, werfen

4. ē – ā – ō: befehlen – befahl - befohlen

Empfehlen

5. ĕ(ĭ) – ŏ – ŏ: schmelzen – schmolz - geschmolzen

Dreschen, melken, pflegen, quellen, schwellen, glimmen, klimmen, fechten, flechten, weben, heben, scheren; wägen (ō – o), gären; schwören (ō – o), erlöschen; bewegen (ē – ō – ō)

IV. 1. ē – ā – ŏ: nehmen – nahm – genommen

Gebären, stehlen, kommen

2. ĕ – ā – ĕ: sprechen – sprach – gesprochen

Stechen, brechen, treffen

V. 1. ē – ā – ē: geben – gab – gegeben

Lesen, treten, genesen, sehen, geschehen; bitten, liegen

2. ĕ – ā – ĕ: essen – aß – gegessen

Sitzen

VI. 1. ā – ū – ā: fahren – fuhr – gefahren

Graben, laden, schlagen, tragen

2. ă – ū – ă: wachsen – wuchs – gewachsen

Backen, schaffen, waschen

VII. 1. ā, ō, ū, au, ei – ī – ā, ō, ū, au, ei: schlafen – schlief – geschlafen

Blasen, braten, fallen, halten, lassen, raten, hauen (hieb - gehauen), laufen, stoßen, rufen, heißen

2. ă – ĭ – ă: fangen – fing – gefangen

Hängen

Literatur:

1. W. Admoni. Der deutsche Sprachbau, 1972. S. 165-169.

2. Duden. Band 4. Grammatik der deutschen Gegenwartssprache. 6., neu bearbeitete Auflage. Herausgegeben von der Dudenredaktion. Mannheim, 1998. S. 134-145.

3. W. Jung. Grammatik der deutschen Sprache. Sankt Petersburg. 1996. S. 178-182.

4. O. I. Moskalskaja. Grammatik der deutschen Sprache. Moskau. 2004. S. 55-57.

5. E. Schendels. Deutsche Grammatik. Moskau. 1979.

 

4. Strukturell-semantische Subklassen der Verben lassen sich innerhalb der Wortart vom grammatischen Gesichtspunkt aus unterscheiden. Man teilt die Verben in Vollverben und Hilfsverben, in persönliche und unpersönliche, transitive und intransitive, subjektive und objektive Verben ein.

- Nach dem Anteil des Verbs an der Geschehens- oder Seinsbeziehung werden die Verben in Vollverben, Hilfsverben, Modalverben, Verben der Aktionalität; Funktionsverben und kopulative Verben eingeteilt.

Vollverben bezeichnen Handlungen und Zustände (sprechen, bauen, laufen, schlafen etc.) und fungieren im Satz selbstständig als ein verbales Prädikat.

Hilfsverben (haben, sein und werden) sind Funktionswörter mit morphologischer Funktion. Sie dienen zur Bildung der analytischen Formen des Verbs, worin ihre lexikalische Bedeutung völlig in den Hintergrund tritt, und haben keine syntagmatische, sondern eine paradigmatische Funktion.

Kopulative Verben (sein, werden und bleiben) verbinden sich mit einem Nomen, Pronomen oder Adverb zu einem mehrgliedrigen nominalen Prädikat, haben also eine syntagmatische Funktion, indem sie die betreffenden Wörter prädizierbar machen.

Modalverben (dürfen, können, mögen, müssen, sollen, wollen und lassen) verbinden sich regelmäßig mit Vollverben zu einem mehrgliedrigen verbalen Prädikat. Sie haben also eine syntagmatische Funktion und bringen modale Bedeutungen zum Ausdruck.

Verben der Aktionalität (beginnen, anfangen, aufhören, pflegen und versuchen) verbinden sich mit Vollverben zu einem mehrgliedrigen verbalen Prädikat, haben also auch eine syntagmatische Funktion. Sie nennen nicht die Handlung selbst, sondern charakterisieren den Geschehensablauf und verleihen dem Gefüge einen aktionsartigen Charakter.

Funktionsverben verbinden sich mit Substantiven zu festen Wortverbindungen zur Umschreibung von Verbalbegriffen (einen Einfluss ausüben, Maßnahmen treffen, Bericht erstatten, in Erfüllung gehen). Das semantische Gewicht liegt auf dem Nomen. Das Funktionsverb dient oft zur Überführung des Verbalbegriffes in eine andere strukturell-semantische Subklasse zum Beispiel blicken – einen Blick werfen (durativ/punktuell), ausdrücken – zum Ausdruck bringen (aktivisch/passivisch), sich bewegen – in Bewegung geraten (durativ/inchoativ). Viele Verbindungen sind aber bloß Synonyme wie helfen – Hilfe leisten, sich erfüllen – in Erfüllung gehen.

- Nach dem Geschehensablauf (Aktionsart) unterscheidet man imperfektive, perfektive, durative, punktuelle, inchoative, iterative, mutative und resultative Verben. Die meisten der oben genannten aktionalen Subklassen von Verben lassen sich unter 2 allgemeinere Bedeutungstypen zusammenfassen und zwar:

terminative Verben (Terminata) – ihre lexikalische Bedeutung impliziert die Vorstellung von einem Endziel der Handlung. Als Endziel können der Übergang in eine neue Seinsphase (mutative Verben: erwachen, sterben, erblühen) oder die Gipfelung der Tätigkeit im erstrebten Resultat und damit ihr Abbruch (perfektive und resultative Verben: kommen, stellen; verbessern, öffnen, finden, gewinnen, erraten) gedacht sein

kursive Verben (imperfektive Verben) – sie stellen den Vorgang in seinem Verlauf dar, ohne Hinweis auf ein voraussichtliches Endziel (einen Endpunkt).

Beispiele: der kommende Mensch/der gekommene Mensch

der erwachende Mensch/der erwachte Mensch/der wachende Mensch

- Nach dem Charakter des Geschehens unterscheidet man Handlungsverben, Vorgangsverben, Zustandsverben, Geschehensverben (Ereignisverben) und Witterungsverben.

Unter Handlungsverben versteht man Verben, die eine direkte Einwirkung auf ein Objekt bezeichnen.

Vorgangsverben drücken eine Veränderung in der Verfassung von Menschen und Dingen aus.

Zustandsverben bezeichnen eine bleibende Lage von Menschen und Dingen.

Die Geschehens- und Witterungsverben berühren sich äußerlich darin, dass ihre Formenbildung auf die 3. Person eingeschränkt ist.

Literatur:

1. H. Brinkmann. Die deutsche Sprache. Gestalt und Leistung. Düsseldorf. 1962.

2. Duden. Band 4. Grammatik der deutschen Gegenwartssprache. 6., neu bearbeitete Auflage. Herausgegeben von der Dudenredaktion. Mannheim, 1998. S. 90-92.

3. O. I. Moskalskaja. Grammatik der deutschen Sprache. Moskau. 2004. S. 57-60.

 

5. Die Valenz des Verbs bestimmt den Bau des Satzes. Man spricht dabei auch über Fügungspotenz und die satzprägende Kraft des Verbs. Also unter Valenz oder Wertigkeit des Verbs versteht man eine bestimmte Anzahl von Leerstellen um sich zu eröffnen, das heißt die Zahl und die Art der Aktanten zu bestimmen.

Die Fügungspotenz des Verbs kann auch fakultativen Charakter haben.

Literatur:

1. Duden. Band 4. Grammatik der deutschen Gegenwartssprache. 6., neu bearbeitete Auflage. Herausgegeben von der Dudenredaktion. Mannheim, 1998. S. 106-113.

2. O. I. Moskalskaja. Grammatik der deutschen Sprache. Moskau. 2004. S. 50, 61.

3. Абрамов. Теоретическая грамматика немецкого языка. 2001.

N.B.: Die notwendigen Definitionen: Paradigma, Opposition, Makro- (Gesamt-) und Mikroparadigma, Konjugation, schwankende Konjugation, starke, schwache, unregelmäßige Verben, Verben mit dem Präsensumlaut, Präterito-Präsentia, Vollverben, Hilfsverben, Modalverben, Verben der Aktionalität; Funktionsverben und kopulative Verben.



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