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Phasen der deutschen Literatur des Mittelalters

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Die Literatur des Mittelalters - wie das Mittelalter selbst - ist zu verstehen als eine Vereinigung dreier Bereiche: Antike, Christentum, Germanentum. Die Antike wirkte auch im Mittelalter weiter - ihre Dichtungslehre (Poetiken), das Vorbild der Schriftsteller (z.B. Vergil, Ovid), ihre Philosophie (z.B. Aristoteles, Plotin). Im Gegensatz zur späteren Renaissance sah man die Antike aber nicht als eigenständige Epoche oder gar als Vorbild. Antike und Christentum hatten sich vielmehr schon im späten Altertum verbunden, v.a. durch die Bibelübersetzungen (Septuaginta, Vulgata) und die Kirchenväter (z.B. Augustinus). Das Christentum war die prägende geistige Kraft des Mittelalters:

Germanische Zeit

Die zur Zeit der Völkerwanderung in die spätantike Welt eindringenden und sie schließlich zerstörenden Germanenstämme besaßen eine eigene Literatur, die zunächst mündlich Verbreitung fand und erst viel später aufgeschrieben wurde. Das meiste ist verschollen; überliefert sind die folgenden Werke:

 

· Hildebrandslied: germ. Heldenlied, um 820 aufgezeichnet (ahd)

· Merseburger Zaubersprüche: magische Zauberformeln, im 10.Jh. aufgezeichnet (ahd)

· Edda; Sammlung germanischer Götter- und Heldenlieder, aufgezeichnet um 1250 in Island (anord)

 

Geistliche Dichtung des frühen Mittelalters (ahd) 9.-10. Jh.

 

Nach der Christianisierung der Germanen sahen sich die Geistlichen vor der Aufgabe, die lateinisch-christliche Literatur den bekehrten Heiden nahe zu bringen. Aus dieser Zeit stammen Wörterbücher und v.a. Nacherzählungen der Evangelien. Als wichtige Werke sind zu nennen:

 

· Heliand (um 825) anonymer Verfasser, Evangelien in Form eines germanischen Heldenepos, für die bekehrten Sachsen

· Evangelienharmonie von Otfrid von Weißenburg (um 870), benutzte erstmals den Endreim statt des germanischen Stabreims

 

Schreiborte waren die Klöster (z.B. St. Gallen, Weißenburg, Fulda), Schreiber die Mönche, Auftraggeber Bischöfe und das Publikum der germanische Adel. Geistliche Dichtung wurde während des gesamten Mittelalters geschrieben und verbreitet, auch während der folgenden Perioden, in lateinischer und deutscher Sprache.

Höfische Dichtung des hohen Mittelalters (mhd), 11.-13.Jh.

Diese Periode ist geprägt von der Kultur des Rittertums. Ritter waren ehemals Unfreie, die in den Dienst eines Königs bzw. Adligen traten und als Ministeriale ihrem Herrn als Verwalter oder berittener Krieger dienten. Diese "Aufsteiger" übernahmen die Lebensformen des Adels und wandelten sie zu einem oft starren Formenkult um. Äußerlich zeigte sich dies in Festen und Turnieren, in Symbolen (Wappen) und Kleidung.

Die ritterlichen Ideale lassen sich in drei "Diensten" zusammenfassen: treuer Dienst für den Herrn, Dienst für Kirche und Christenheit (Kreuzzug, Hilfe für Arme und Schwache, Friedfertigkeit untereinander), Frauendienst.

Als ritterliche Tugenden galten u.a.:

 

Ø hoher muot: seelisches Hochgestimmtsein

Ø zuht: Anstand, Wohlerzogenheit

Ø mâze: Mäßigung der Leidenschaften

Ø êre: Ansehen, Geltung, Würde

Ø triuwe: Treue, Aufrichtigkeit

Ø stæte: Beständigkeit, Verlässlichkeit

Ø milte: Freigebigkeit.

Der Dichtung kam in diesem Zusammenhang die Funktion zu, das ritterliche Ideal darzustellen. Träger der Dichtung war der meist ritterliche Sänger, der seine Werke auf den Festen vortrug und dadurch seinen Lebensunterhalt verdiente. Es gab zwei Hauptgattungen ritterlicher Dichtung.

HÖFISCHES RITTEREPOS (RITTERROMAN)

In den Verserzählungen wird der Lebensweg eines Ritters geschildert, der eine Reihe von Abenteuern bestehen, viele Irrwege gehen muss, bis er sich zum wahren Ritter geläutert hat und der höchsten Weihe des Rittertums teilhaftig werden kann. Diese besteht i.d.R. in der Aufnahme an den Hof König Arthus'. An seiner Tafelrunde sind viele berühmte Ritter versammelt (z.B. Erec, Iwein, Parzival, Lancelot). Die Figur des idealen Königs stammt aus einem bretonisch-irischen Sagen- und Märchenkreis. Unmittelbares Vorbild der deutschsprachigen höfischen Ritterromane waren die Werke des Franzosen Chrestien de Troyes.

Wichtige Autoren und Werke:

· Hartmann von Aue, Erec (1180/85)

· Wolfram von Eschenbach, Parzival (um 1200/1210)

· Gottfried von Straßburg, Tristan und Isolde (um 1210)

· Daneben stellt das Nibelungenlied (um 1200) eine Sonderform dar, da es germanische Heldensagen im ritterlich-höfischen Gewand präsentiert.

 

MINNESANG

Die Minnedichtung entstand in der Provence. Sie wurde an den Adelshöfen von ritterlichen Sängern, den Trobadors, vorgetragen und verbreitet und ist über Nordfrankreich in den deutschen Sprachraum eingedrungen. Die Trobadors vereinigten in ihren Liedern zwei Auffassungen von Liebe: eine christliche, die in der Liebe eine ethische, religiöse Macht sah, und eine antike, die das Erotisch-Sexuelle betonte. Die antike Tradition wurde von den so genannten Vaganten vertreten, jungen Geistlichen, die studiert, aber keine Aussicht auf ein geistliches Amt hatten und deshalb als von Hof zu Hof wandernde (vagare=umherschweifen) Dichter ihr Dasein fristeten (Sammlung von Vagantenliedern: Carmina Burana).

Die deutsche Minnedichtung vergeistigte die Trobadorlyrik zur "hohen Minne".

Minnelyrik variiert einen engen Kreis von Motiven und Formen. Die Gedichte wurden zur Laute gesungen. Dies erforderte eine strenge Gliederung, die Strophenform des "Kanzone" (=Lied): Sie teilt sich in den Aufgesang und den Abgesang. Der Aufgesang ist noch einmal in zwei Teile (Stollen) gegliedert; die Teile sind am Reimschema erkennbar.

Thematisch enthalten Minnelieder die Liebeserklärung eines Ritters an eine (verheiratete) Adlige, den Preis ihrer inneren und äußeren Vorzüge, die Hoffnung auf Erhörung, die Klage über die Unerfüllbarkeit dieser Hoffnung und - damit zusammenhängend - über den Konflikt zwischen geistiger Liebe und Sinnlichkeit. Das Verhältnis des Ritters zu seiner Herrin ist dem Verhältnis zwischen Lehensherr und Lehensmann nachgebildet.

Minnegesang war Teil des Minnedienstes. Die Gedichte wurden bei Hoffesten vor allen Anwesenden vom Verfasser selbst vorgesungen. Das Publikum beurteilte die Lieder, versuchte zu erraten, wer die anonyme Angebetete sei.

Neben der geselligen Unterhaltung waren Minnedichtung und Minnedienst Teil des ritterlichen Tugend- und Erziehungssystems. Selbstzucht und Selbstüberwindung (heute wurde man sagen "Triebverzicht") sollten einer Kriegerkaste vermittelt werden. In der Minne (von lat. memini=ich erinnere, dagegen Liebe von idg. lubh=begehren) sah man den Inbegriff des Ritterideals.

 

Bekannte deutsche Minnedichter waren:

· Heinrich von Veldeke, Friedrich von Hausen, Heinrich von Morungen, Hartmann von Aue, Reinmar von Hagenau.

· Walther von der Vogelweide (1168-1228) knüpfte wieder an die Vagantendichtung an und wandte sich so gegen das allzu Erstarrte, Wirklichkeitsferne der hohen Minne. Er schuf die so genannten "Mädchenlieder" (auch "niedere Minne"), die sich nicht an eine adlige Dame richteten und die Erotik in den Vordergrund stellten.

Dichtung des späten Mittelalters (nhd) 13.-15.Jh.

Das ausgehende Mittelalter erlebte den Zerfall des Ritterstandes und das Erstarken des Bürgertums. Neue literarische Formen entstehen: Volksbuch, Volkslied, Volksballade (Till Eulenspiegel), Pfaffen- und Standessatire, Meistersang.

Renaissance

1. Begriffe

2. Hintergründe

3. Weltverständnis

4. Werk und Wirken einzelner Autoren des Humanismus

ü Erasmus von Rotterdam

ü Martin Luther

ü Ulrich von Hutten

5. Textformen und Gattungen

ü Meistersang (Hans Sachs)

ü Schwank

ü Satire und Narrenliteratur

ü Volksbuch und Volkslied

Begriffe

Die Renaissance (frz.: Wiedergeburt) ist eine europäische Bewegung der Wiederbelebung antiker Kunst und Gedanken. Der Epochenbegriff wird von Zeitgenossen nicht benutzt; stattdessen "reformatio". Im 19. Jahrhundert wird der Begriff "Renaissance" in der französischen Kunstgeschichts-Betrachtung gebraucht, dann übertragen auf die Literatur.

Humanismus: Rückbesinnung (im Wesentlichen gelehrter Kreise) auf den Humanitas-Begriff der römischen Antike.

2. Hintergründe

Die Renaissance ist die große gemeineuropäische Kulturepoche, die die Wende vom Mittelalter zur Neuzeit umfasst. Sie überwindet das mittelalterliche Welt- und Menschenbild und die überkommene Staats- und Gesellschaftsordnung. An die Stelle des Autoritätsglaubens tritt der Geist kritischer Forschung; der Mensch wird zum Maß aller Dinge; die Staatsraison zum Prinzip der Politik. Die italienischen Fürstenhöfe - besonders das Florenz der Medici - sind beispielhaft für Europa.

Das Studium der antiken Literatur wird durch byzantinische Gelehrte angeregt, die als Flüchtlinge nach der Eroberung von Byzanz (29.5.1453) und Griechenland (ca. 1420-60) durch die Türken nach Italien gelangen. Kunst- und Lebensauffassung der Antike gelten den Humanisten als Vorbild. Die Reformation zerstört die Einheit des Glaubens. Neben der lateinischen Dichtung der Humanisten entwickelt sich in Deutschland ein reiches literarisches Leben. Durch den Buchdruck werden die literarischen Erzeugnisse rasch zum Gemeingut aller Gebildeten.

3. Weltverständnis

Renaissance, Humanismus und Reformation erwachsen aus der Sehnsucht des Menschen nach geistiger und religiöser Erneuerung. Sie greifen gleichermaßen auf die antiken Quellen zurück: Die Renaissance orientiert sich an der römischen Kunst, der Humanismus erweckt die antiken Philosophen, Historiker und Dichter zu neuem Leben, die Reformation macht die Bibelübersetzung nach dem griechischen und hebräischen Urtext verbindlich.



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