Zum 100. Geburtstag von Erich Maria Remarque 


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Zum 100. Geburtstag von Erich Maria Remarque



 

Gegen literarischen Verrat am Soldaten des Weltkrieges, für Erziehung des Volkes im Geist der Wahrhaftigkeit! Ich übergebe der Flamme die Schriften von Erich Maria Remarque." Mit seinem berühmten Antikriegsbuch „Im Westen nichts Neues" hat er sich einen redlichen Platz auf den Schwarzen Listen der Nazis verdient. Der Roman solle weder eine Anklage sein, schrieb Remarque im Vorwort, noch ein Bekenntnis. Er wolle lediglich den Bericht über eine Generation vorlegen, „die vom Krieg zerstört wurde - auch wenn sie seinen Granaten entkam."

Remarque hatte es gewagt, ein Tabu zu brechen: das vom Heldentod. „Dem Sinn zu geben, was eine auf niederer Stufe stehende Anschauung als Widersinn und Äußerung menschlicher Unvollkommenheit betrachten mag", fiel Ernst Jünger dazu ein, „ist eine heilige Pflicht gegenüber Gefallenen und den Werdenden." Die Tugend des soldatischen Gehorsams in „Stahlgewittern" bis zum Tode, der Ansprach des Vaterlandes auf bedingungslose Treue, all dies hat der am 22. Juni 1898 geborene Autor in seinem Erstlingswerk nicht nur kühn in Frage gestellt und als falsches Pathos entlarvt - er hat es der Verachtung preisgegeben.

Die Entstehungsgeschichte des Buches wurde nachgerade zum Mythos. Remarque hatte es in nur vier Wochen niedergeschrieben. Abends, denn tagsüber mußte er sich als Gelegenheitsjournalist sein Brot verdienen, als Werbetexter für die Continentalgummiwerke in Hannover oder für fragwürdige Magazine mit noch fragwürdigeren Texten wie „Über das Mixen kostbarer Schnäpse". Das Manuskript vom „Im Westen nichts Neues" hatte er Samuel Fischer, dem damals bedeutendsten deutschen Verleger, angeboten, doch der schickte es zurück: niemand in Deutschland wolle etwas vom Kriege mehr wissen. Fischer hatte sich selten geirrt, in diesem Fall aber gründlich.

Bereits ein Jahr nach der Veröffentlichung im Berliner Ullstein Verlag 1929, kam die Hollywood-Filmversion von Lewis Milestone. „All Quiet on the Western Front", in die deutschen Kinos. Die Nazis versuchten, die Uraufführung in Berlin zu boykottieren. Joseph Goebbels, damals Gauleiter in der Reichshauptstadt, ließ S A-Trupps weiße Mäuse in Lichtspieltheatern aus­setzen. Bald darauf kam der Film in Deutschland auf den Index, weil er laut Zensur auf die Jugend „eine demoralisierende Wirkung" ausübe. Doch da war Remarque schon außer Landes. Rechtzeitig im Jahre 1931, den Terror der Nationalsozialisten vorausahnend, tauschte er seine Wohnung in Berlin mit der noblen Villa „Casa Monte Tabor" in Porto Ronco am Schweizer Ufer des Lago Maggiore aus.

Der Preis, den der junge Schriftsteller für seinen phänomenalen Erfolg zu zahlen hatte, war kein geringer. Remarque mußte sich aus der Heimat stehlen, seine Bücher verbrannten im Mai 1933 auf den Scheiterhaufen in großen deutschen Universitätsstädten. Der Weltbürger wider Willen zog rastlos durch die Welt - von der Schweiz über Frankreich nach Amerika - von Einsamkeit und Depressionen geplagt. Alkoholexzesse und die Flucht in erotische Abenteuer folgten, später ließ er sich von der Psychoanalytikerin Karen Horney therapieren. Den großen Überraschungserfolg von 1929 konnte Remarque nicht mehr, auch nicht mit dem in Paris von 1938 spielenden Emigrantenroman „Arc de Triomphe" wiederholen, er wußte nur zu genau, daß er fortan im chatten seines ersten Bestsellers würde leben müssen.

Die Fälligkeit, in seinen Büchern die Massen anzusprechen, machte ihn bei Germanisten und der deutschen Literaturkritik verdächtig. Wirklich ernst genommen wurde er dort zu Lebzeiten nie. Das muß ihn gekränkt haben, vor allem weil er selbst zu leichten Inferioritätskomplexen neigte: „Gedanke, nicht dazu zu gehören. Kein Literat zu sein. Als Art von literarisch wertlosem Zeitschriftsteller gewertet zu sein." Der Rezensionsbetrieb nahm es ihm schlicht übel, „daß er Remarque war und nicht Thomas Mann oder Döblin oder Hemingway" (Friedrich Luft). Er hatte dafür büßen müssen, daß er erfolgreich - mit seinen Mitteln - erfolgreich war. Erst zwei Jahre vor seinem Tod wäblte ihn die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt zu ihrem Mitglied.

Remarque kam im März 1939 nach Amerika, nicht als Flüchtling, sondern als Tourist. Auch hier war der Autor von „Im Westen nichts Neues" ein berühmter Mann. 1930 hatten sich die Universal Pictures für Milestones Film die für die damalige Zeit gigantische Summe von 100.000 Dollar kosten lassen. Als dann MGM 1938 Remarques Roman „Drei Kameraden" verfilmte, das Drehbuch schrieb F. Scott Fitzgerald, fiel das Echo der Kritiker allerdings zurückhaltender aus. Auch der nächste Streifen, „Arc de Triomphe", mit Ingrid Bergmann, Charles Boyer und Charles Laughton in den Hauptrollen konnte die Rezensenten nicht überzeugen, soll dem Autor aber trotzdem 235.000 Dollar eingebracht haben.

Remarque wußte in der Neuen Welt nicht nur ein Millionenpublikum mit seinen Romanen zu fesseln, auch auf den Partys der „Oberen Zehntausend" ging ihm der Ruf eines vorzüglichen Geschichtenerzählers voraus, ein Entertainer und „Salonlöwe" par excellence, der jede Gesellschaft schon durch seine bloße Anwesenheit bereicherte.

Die letzten Jahre verbrachte Remarque in seiner Villa in Porto Ronco, wo er am 25. September 1970 starb. Es stimmt wohl, daß er sich leergeschrieben hatte. Friedrich Luft kommt in seiner Rezension von „Schatten im Paradies" zu einem traurigen Resümee: “Rеmаrquе liest man mit Mühe."

Holger Gumprecht

 

 



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